Auch Feministinnen können irren. Ein Beitrag zum Internationalen Frauentag

Vielleicht sollte ich, der Empfehlung am familiären Frühstückstisch folgend, heute besser die Klappe halten und mich als alter weißer Cis-Mann nicht dazu hinreißen lassen, etwas zum Internationalen Frauentag, dem „feministischen Kampftag“ im Jargon mancher Feministinnen, verlautbaren zu lassen. Kann nur schief gehen. Egal, wie solidarisch ich mich mit den Anliegen der Frauen äußere: Der Bannstrahl der Cancel culture wird mich aufgrund meines Mannseins treffen, bevor ich auch nur den Mund aufgemacht habe.

Dabei hätte ich nur sagen wollen, dass meine Bereitschaft, Neues aus der queer-feministischen Bewegung zu lernen, bei der Lektüre der Tageszeitung auf eine harte Probe gestellt wurde. Bisher war ich stolz darauf, das Kürzel LSBTTIQ+ stolperfrei auflösen zu können. Heute lese ich nun, im Zusammenhang mit einem Interview mit zwei Feministinnen, zum ersten Mal den Begriff „FLINTA*“. Nein, liebe Männer, mit „Flintenweiber“ hat das nichts zu tun. Bei FLINTA* handelt es sich um einen Sammelbegriff für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. Der angehängte * (Asterisk), so Wikipedia, „dient dabei als Platzhalter für alle Personen, die sich in keinem der Buchstaben wiederfinden, aber dennoch von Marginalisierung betroffen sind“. Könnte mit dem Asterisk etwa auch ich gemeint sein? Weil ich beim Sportunterricht in der Schule immer als Letzter gewählt wurde?

Ebenfalls heute lese ich, dass die politische Philosophin und Galionsfigur des Feminismus Judith Butler sich zum 7. Oktober geäußert hat, und zwar so: „Ich denke, es ist ehrlicher und historisch korrekt, zu sagen, dass der Aufstand (!) des 7. Oktober ein Akt des bewaffneten Widerstands (!!) war. Es ist kein Terrorakt (!!!) und es ist kein antisemitischer Angriff“ (Ausrufungszeichen von mir). Holy shit! Massenhafte Vergewaltigungen als Akt des bewaffneten Widerstands?? Aber es steht mir als Mann ja nicht zu, am Internationalen Frauentag dazu eine Meinung zu haben. Vielleicht morgen wieder?


2 Kommentare on “Auch Feministinnen können irren. Ein Beitrag zum Internationalen Frauentag”

  1. Anonymous sagt:

    Und ich muss nicht irgendwas zum Frauentag bloggen, bloß weil ich Frau bin! 🙂

    Ja, mit den Kürzeln gehts mir ähnlich wie Dir, ich hake es ab unter „naja, die Jugend…“

    Zu Butler: Ja, auf den ersten Blick wirkt das zu Recht schockierend! Und Butler mag ich persönlich nicht, zuviel Nervereien gehen auf ihr Konto, obwohl sie von jenen, die gerne die Formulierungen wie „weiblich gelesen“ etc. verwenden, oft falsch verstanden wurde.

    Dennoch ist sie nicht komplett lost, wie aus ihrem Interview in der FR hervorgeht, es geht ihr wohl mehr um die historische Gesamtschau, wonach sie die Greueltaten der Hamas eben in eine „Geschichte des bewaffneten Widerstands“ einsortiert:

    „Die an der israelischen Zivilbevölkerung begangenen Gräueltaten waren entsetzlich und können weder hingenommen noch rationalisiert werden. Aber wenn wir uns für die Gründe interessieren, warum es zu dieser Gewalt kam, sollten wir in der Lage sein, die Geschichte zu rekonstruieren, um sie besser zu verstehen. Historisch zu verstehen, warum es zu dieser Gewalt kam, ist nicht gleichbedeutend mit der Billigung von Gewalt. Eine Geschichte darzustellen und ein moralisches Urteil zu fällen, ist nicht dasselbe.“

    (Das ist in etwa analog zur Argumentation in Sachen „Putins Angriffskrieg“, bei dem nicht wenige stets darauf beharren, man müsse die gesamte Vorgeschichte einbeziehen und nicht allein den „Angriff“ zum Ausgangspunkt der Beurteilung machen).

    Man muss alledem nicht folgen, jedoch ganz so platt, wie es in den asozialen Medien und oft auch der Presse rüber kommt, sind Butlers Aussagen nicht. Ich folge ihr nicht, insbesondere auch nicht ihrem Vorwurf an Israel, einen „Genozid“ zu begehen! (siehe Interview. wo sie das begründet).

  2. Vielen Dank für Deinen Kommentar und den Hinweis auf das Interview von Judith Butler in der FR. Der Streit um Begriffe bringt uns vermutlich nicht weiter. Auch nicht die Frage, wer hat mehr Schuld am Nahost-Konflikt, seiner Entstehung, historischen Entwicklung und zunehmenden Eskalation. Zweifellos hat das Trauma der Nakba, die Politik der israelischen Regierung, die Unterdrückung und Vertreibung der Palästinenser, die aggressive Siedlungspolitik in der Westbank, usw ihren Anteil am neuesten Ausbruch der Gewalt. Frieden wird es nur geben, wenn die Hamas (bzw. die legitime Vertretung des palästinensischen Volkes, wer ist das? die PA?) das Existenzrecht Israels anerkennt und umgekehrt Israel den Palästinensern ihren eigenen Staat ermöglicht. Da die 2-Staatenlösung zunehmend unrealistisch erscheint, wäre die Einstaatenlösung ein mögliches Szenario, also das friedliche Zusammenleben von Israelis und Palästinensern in einem Staat. Platz genug dafür gäbe es, ist aber derzeit schwer vorstellbar bei den wechselseitigen Grausamkeiten, die sich Israelis und Palästinenser zufügen. Vermutlich braucht es eine dritte Kraft (VN?), die eine Lösung erzwingt und den Frieden sichert.


Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..