Festhalten: Die neue Deutschland-Geschwindigkeit kommt!
Veröffentlicht: 23. Januar 2023 Abgelegt unter: Gesellschaft, Kommunalpolitik, Wirtschaft | Tags: Deutschland-Geschwindigkeit, Langsamkeit 6 KommentareWer immer noch meint, in Deutschland gehe alles ewig langsam – Genehmigungen für Windräder, Bau neuer Flughäfen, die Verkleinerung des Bundestages, Aufdeckung rechtsradikaler Strömungen in Bundeswehr, Verfassungsschutz und Polizei – der oder die irrt. Wir können auch schnell. Ratzfatz wurden zwei LNG-Terminals aus dem Boden gestampft.
Vor einem Jahr wussten wir noch gar nicht, was das ist. Es geht also. SPD-Chef Klingbeil droht sogar an, dieses Tempo jetzt bei allen Modernisierungsvorhaben einzuschlagen. Wow!
Da sollten wir uns schon mal anschnallen. Was wohl alles im Eiltempo jetzt auf uns zukommt? Tempolimit auf Autobahnen, gleiche Bezahlung für Frauen, Enteignung von leerstehendem Wohnraum, Bau von ganz vielen Windrädern, Lieferung von Kampfpanzern, Kampfdrohnen und anderen Kampfsachen an die Ukraine, Rückgabe aller geraubten Kunstschätze aus den ehemaligen Kolonien, der Ausbau von Fahrradwegen? Mehr Schnelligkeit erhoffen wir uns auch beim Sprechtempo von Olaf Scholz, bei der Bearbeitung von Wohngeldanträgen, beim Hochfahren unseres PC (jahaa, ich weiß, dass das „booten“ heißt!), beim Download von Filmchen aus dem Netz.
Aber Moment mal: Ist nicht vielmehr die Entdeckung der Langsamkeit gerade zeitgeistmäßig angesagt? Sten Nadolny hat mit seinem gleichnamigen Roman gegen die Schnelllebigkeit der Zeit angeschrieben und damit einen Bestseller gelandet. Das ist aber auch schon wieder 40 Jahre her. Vor rund zehn Jahren schrieb der Journalist Jochen Bittner in der Wochenzeitung Die Zeit: „Wie sehr kann Politik an Tempo zulegen, ohne sich selbst zu beschädigen? Demokratie ist nicht für Hochgeschwindigkeit geschaffen, im Gegenteil, sie setzt Diskurse und Abwägungen voraus. Je komplexer die Themen werden, desto mehr Zeit müssten sich Politiker nehmen. Tatsächlich geschieht das Gegenteil. Ist die gute Staatsführung also akut gefährdet – durch einen Mangel an Nachdenklichkeit, zu wenig Ruhepausen?“ (Jochen Bittner, Zeit ist Macht, in Die Zeit Nr. 31/2012 vom 26.07.2012).
Da ich selbst politisch aktiv bin – wenn auch nur auf der kommunalen Ebene – habe ich die Erfahrung gemacht, dass allzu oft wichtige Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden, ohne dass man sich ausreichend Zeit genommen hat, die Sache, um die es geht, abzuwägen, in Ruhe von allen Seiten zu beleuchten, um dann zu einer hoffentlich guten Entscheidung zu kommen. Häufig kommen die Verantwortlichen erst im Nachhinein zu der Einsicht und Erkenntnis, dass falsch entschieden wurde, der Fehler aber nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Statussymbol Visitenkarte: Unter CEO mach ich´s nicht
Veröffentlicht: 20. Januar 2023 Abgelegt unter: Allgemein, Boulevard, Gesellschaft | Tags: CEO, VisitenKarte 5 KommentareSeltene Erden werden immer wichtiger für unsere Wirtschaft. Seltene Berufe offenbar auch: Tatortreiniger, Silencer, Resonanztrainer, Keynote-Speaker – auf eine komplette Aufzählung wollen wir hier aus Platzgründen verzichten. Was ein Silencer ist? Ein Silencer, ein „Ruhigmacher“ also sorgt dafür, dass Leute, die vor einer Bar stehen und rauchen, nicht zu laut werden. Wie soll man das sonst anders abkürzen? Zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens in Innenstädten unerlässlich. Dieser Beruf kam erst mit dem Rauchverbot in Gaststätten auf den Markt. Wo wir beim Rauchen sind: Morgen kommt bei mir der (oder die?) Rauchmelderkontrollierer/in vorbei. Auch sowas Neues. Gab es früher nicht. Ob das eine sinnstiftende Tätigkeit ist, weiß ich nicht. Vielleicht frage ich morgen mal vorsichtig nach? Auch wie es um die Aufstiegschancen bestellt ist (Hauptrauchmelderkontrollierer/in, Oberrauchmelderkontrollierer/in?).
In einem früheren Blogbeitrag haben wir hier schon einmal über alte und neue, ehrenwerte und aufgeblasene Berufsbezeichnungen schwadroniert (Henker, Banker, Sprachprofiler, 22.10.2021). Das Thema ist aber unerschöpflich. Täglich kommen neue Berufe hinzu: Sprachpersönlichkeitstrainer, Top Executive Coach für excellente Reden, Hacker (nicht Holz, Computer!), Aufräum-Coach.
Auch wenn ich mich wiederhole: Früher war das alles überschaubarer. Müller, Schmied, Schneider, Bäcker, Matrose – die kommen schon in den Märchen vor und dienen heute noch vielen Menschen als Familienname. Auch Soldaten gabs schon immer, ebenso Bauern und Gastwirte (wer nichts wird, wird Wirt). Dann natürlich Könige, Prinzessinnen – obwohl das ja keine Berufe in eigentlichen Sinne sind.
Manche Menschen legen Wert darauf, dass ihre Position in der Hierarchie ihres Berufsfeldes zum Ausdruck kommt. Ein Kapitän wird sich vom einfachen Seefahrer/Matrosen abgrenzen wollen. Ein General wird sich nicht bloß als Soldat bezeichnen, obwohl er das ja ist. Die militärischen Rangbezeichnungen sind mir bis heute ein Rätsel, deshalb kam ich auch nicht als Nachfolger von Christine Lambrecht in Frage. Mein Vater, ein einfacher Mann, war von Beruf Kraftfahrer. Es gibt diesen Beruf auch in den Versionen Taxifahrer, Busfahrer, LKW-Fahrer, Gabelstaplerfahrer. Ein Taxifahrer fährt Taxi, ein Busfahrer Bus – mein Vater fuhr Kraft. Damit konnte ich schon im Kindergarten mächtig angeben. Loks, Flugzeuge, Schiffe oder Kräne hingegen werden nicht gefahren, sondern geführt (Lokführer, Kranführer) bzw. von Kapitänen gesteuert.
Warum ich dieses Thema wieder aufs Tapet bringe? Ich muss mir unbedingt wieder eine Visitenkarte zulegen. Früher hatte ich eine solche, mehrere sogar, je nach Anlass. Jetzt stehe ich vor der fast unlösbaren Frage, welche Berufsbezeichnung auf meine Karte gehört, ohne dass man mir allzu große Eitelkeit unterstellen kann. Dass „Rentner“ auf keinen Fall geht, habe ich schon in dem erwähnten Beitrag vom Oktober 21 begründet. Meine Wunschberufe „Schiffschaukelbremser“, „Gabelstaplerfahrer“ oder „Bratwurstsommelier“ kann ich guten Gewissens nicht angeben, weil ich diese Tätigkeiten nie ausgeübt habe. Vielleicht aber „Buchautor“, „Blogger“, Klimaaktivist“? Diese Bezeichnungen treffen alle irgendwie zu, aber sie würden meinen gesellschaftlichen Rang nicht ausreichend würdigen. Dann schon eher was mit Vorstand: ,„Haushaltsvorstand“, „Stiftungsvorstand“, „Fraktionsvorsitzender“ – irgendsowas Chefiges sollte es schon sein. Aber bei dem Wort „chefig“ denkt man gleich an die ehemalige ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger. Das will man dann auch wieder nicht.
Ich glaube, ich entscheide mich für CEO – Chief Executive Officer. Das ist gar nicht mal gelogen und klingt ausreichend bonzig und chefig. Weiteren Vorschlägen meiner zahlreichen Follower sehe ich gerne entgegen.
Neubaur gegen Neubauer: Muss Lützerath wirklich weg?
Veröffentlicht: 11. Januar 2023 Abgelegt unter: Innenpolitik, Klimawandel | Tags: Braunkohle, Klimawandel 3 KommentareJa (leider), meint Mona Neubaur, NRW-Wirtschaftsministerin. Luisa Neubauer, Klimaaktivistin, sieht das anders. Wer hat die besseren Argumente?
Mona oder Luisa: Wer ist die Schönste im ganzen Land?
Die Verlockung, hier mit einem Wortspiel a la „Mona Lisa“ einzusteigen, ist groß. Aber das lassen wir mal. Meine Sympathie ist mehr bei Mona. Das hat aber keine sachlichen Gründe. Sie ist einfach sympathischer. Außerdem Schwäbin. Hat was Ähnliches studiert wie ich. 2021 hat sie 74.000 Euro verdient und keine weiteren Nebeneinkünfte. Das finde ich ok. Luisa dagegen, die allzeit präsente Klimafrau, ist mir irgendwie zu hektisch, zu eloquent, zu gutaussehend, zu missionarisch. Wahrscheinlich wird sie bald heiliggesprochen oder für den Friedenspreis der Deutschen Talkshows vorgeschlagen. Dazu muss sie, wie Promis das so machen, vielleicht erst noch für Plan International nach Afrika fahren und Negerkinder streicheln.
Wer hat die besseren Argumente?
Pikant daran ist, dass beide Mitglieder (MitgliederInnen geht gar nicht!) der Grünen sind und damit auch die innerparteiliche Zerreißprobe repräsentieren. Sie stehen für das Dilemma der Partei, zwischen realpolitischen Erfordernissen und notwendigem radikalem Politikwechsel im Sinne des Klimaschutzes entscheiden zu müssen.
Ob die Kohle unter Lützerath wirklich gebraucht wird, darüber wird gestritten. Die grüne Ministerin Neubaur ist überzeugt, dass die Lützerath-Kohle gebraucht wird, um die Energieversorgung für diesen und den nächsten Winter gewährleisten zu können. Lützerath sei zudem Ergebnis eines Kompromisses mit RWE, wonach der Kohleausstieg von 2040 auf 2030 vorgezogen werden kann. Darauf haben sich Robert Habeck und Mona Neubaur mit RWE verständigt. Der Kompromiss sieht vor, die Verstromung der Braunkohlemenge im Tagebau auf rund 280 Millionen Tonnen zu halbieren. Außerdem sollen fünf von der Umsiedlung bedrohte Dörfer erhalten bleiben. Dafür muss Lützerath weichen.
Luisa Neubauer, führende Vertreterin der Klimaaktivisten, ist ganz anderer Meinung: „Für Energiesicherheit in der Krise braucht es die Kohle in Lützerath nicht“. Beide Seiten berufen sich für ihre jeweiligen Positionen auf entsprechende Gutachten. Luisa zum Beispiel auf die von „Europe Beyond Coal“ beauftragte Untersuchung durch „Aurora Energy Reseach“ mit dem Ergebnis, dass die Kohle unter Lützerath nicht gebraucht wird. Die NRW-Regierung beruft sich auf gleich drei Gutachten, die zu einem ganz anderen Ergebnis kommen, und auf die Rechtsprechung, die Klagen gegen die Räumung von Lützrath abgewiesen hat.
Der Klimawandel duldet keine Kompromisse mehr
Das Dilemma lässt sich so skizzieren: Muss im Sinne des Klimaschutzes nicht viel energischer die „Dekarbonisierung“ und die Umstellung auf Erneuerbare Energien vorangetrieben werden? Sind Kompromisse wie der von der NRW-Regierung ausgehandelte angesichts der dramatischen Veränderungen des Klimas noch vertretbar? Aus Sicht der Klimaforschung ist die Sache eindeutig: Die Zeit zum Umsteuern läuft ab. Kompromisse, erst recht faule, helfen nicht weiter. Aber kompromisslos kann nur sein, wer auch die Macht hat, die in der Sache notwendige Maximalforderung gegen ideologische Widerstände und Profitinteressen durchzusetzen. Womit wir mal wieder bei Max Weber und seiner Gesinnungsethik wären.
Der Klimawandel wird nicht in Lützerath entschieden
Wie die Sache im Falle von Lützerath ausgeht, scheint klar zu sein: Die staatliche (Über)Macht wird Lützerath räumen. Natürlich darf man fragen: Warum verzichten RWE und NRW-Landesregierung nicht auf die Räumung und die dann geplante Abbaggerung der unter Lützerath liegenden Braunkohle? Wäre es im Sinne einer Befriedung der Fronten nicht besser, auf die Räumung zu verzichten? Der Klimawandel wird nicht in Lützerath entschieden.
Bleibt zu hoffen, dass die Räumung ohne Gewalt von beiden Seiten vonstattengeht. Die Klimaaktivisten und Besetzer (natürlich auch -Innen) wollen friedlich und gewaltfrei Widerstand gegen die Räumung leisten. Die Polizei ist mit einem Riesenaufgebot vor Ort, und wer eine solche massive Polizeipräsenz je erlebt hat, weiß, wie schnell dadurch ein aggressives Klima entsteht, an dem sich beide Seiten hochschaukeln. An die Adresse der AktivistInnen sei gesagt: Lützerath mag symbolische Wirkung für eine Politik haben, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Aber der Klimawandel wird, wie schon gesagt, nicht in Lützerath entschieden.
Pelé ist tot. Ratzinger ist tot. Aber was ist bloß mit Putin los?
Veröffentlicht: 7. Januar 2023 Abgelegt unter: Internationale Politik, Krieg | Tags: Putin 4 KommentareDas könnte der Anfang eines Gedichts sein: Was ist bloß mit Putin los? Aber finde mal einen Reim auf „militärische Spezialoperation“ (leichter reimte es sich auf „Krieg“). Muss man sich Sorgen machen um den Mann im Kreml? Ist er etwa krank? Hat er keine Medizin im Schrank? Immerhin wurde er schon lange nicht mehr mit nacktem Oberkörper und einem sibirischen Tiger im Schwitzkasten gesehen. Sieht er nicht ständig aus, als habe man ihm gerade den Schnuller weggenommen?
Und warum dieser alberne lange Tisch? Insider glauben zu wissen, Putin habe extremen Mundgeruch. Außerdem neige er bei politischen Gesprächen zu unkontrollierten Erektionen, deshalb der Tisch. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.