Kein Brot? Wie wär´s dann mit Kuchen?

Kann man von drei Euro am Tag leben? So viel sieht der Regelsatz bei Hartz IV für eine erwachsene alleinstehende Person vor. Bei einem Billigdiscounter bekommt man dafür 200 g Brot, 250 g Butter und ein Glas Marmelade. Das reicht für drei Tage Marmeladenbrote. Wer Kaffee dazu will, muss das Budget für zwei Tage dafür aufwenden. Um drei Euro wurde der Hartz-IV-Regelsatz ab 2022 erhöht (für Alleinstehende). Das sind 0,67 Prozent mehr als vorher, bzw. eine Fertigpizza im Monat.

2021 betrug die Inflation 3,1 Prozent, für 2022 wird mit einer Inflation von fünf bis sechs Prozent gerechnet. Heizen, Benzin, Bus- und Bahnfahren, Porto und Lebensmittel werden teurer – bei Strom und Gas zwischen 50 und 100 Prozent. Ärmere Haushalte müssen also den Gürtel noch enger schnallen. Das 200-Gramm-Brot muss dann eben für vier Tage reichen. Geht doch, oder?

Überflüssig zu erwähnen, dass Elon Musk, der smarte Tesla-Chef, 2021 219 Millionen Euro verdient hat. Wie? Nein, nicht im ganzen Jahr, sondern im letzten Quartal 2021.


Microsoft, dein Freund und Helfer

Wir wollen hier nicht die kulturpessimistische Nölerei anstimmen, wonach das Leben doch früher, als es noch kein Internet und kein Smartphone gab, einfach einfacher war. Das schlimmste Malheur war eine verdrehte Telefonschnur, weil man beim Gespräch ständig im Kreis gelaufen war. Jetzt ist das Internet omnipräsent & omnipotent, wenn auch nicht immer high speed, aber jedenfalls nicht mehr aus der Welt zu schaffen, es sei denn, man möchte gerne in Nordkorea leben oder in unwegsamen WLan-freien Alpenregionen, wo das „Mist – kein Netz“! die ZDF-Bergretter regelmäßig in die Predouille bringt. Frei-, Quer- und Sonstwasdenker tragen gerne Aluhüte, damit ihr Hirn wegen der gefährlichen Internetstrahlung keinen Schaden nimmt. Ist aber meistens schon zu spät.

Seit das Internet für eine Massennutzung in den neunziger Jahren etabliert wurde, können wir uns den Segnungen von Google, Youtube, Social Media usw. gar nicht mehr entziehen. Das machen sich Gauner, skrupellose Geschäftemacher und Hacker zunutze. Zum Beispiel E-Mail: Mit der Nutzung dieser Kommunikationstechnik haben wir uns gleichzeitig die Spam-Mails eingehandelt. Auch die besten Spamfilter schaffen es nicht, das eigene Mailpostfach von Spam-Mails freizuhalten. Daran hat man sich gewöhnt, auch wenn es bisweilen schwerfällt, den Verlockungen von Millionenerbschaften, Nacktfotos von der Nachbarin, Potenzmitteln und supergünstigen Krediten zu widerstehen. Man weiß ja, wie schnell man sich beim unbedachten Anklicken von solchen Angeboten ein Virus einhandelt, das den PC oder das Smartphone lahmlegt.

Trotz aller Vorsicht und Virenschutzprogrammen ist man nicht 100prozentig davor geschützt, gehackt zu werden. Fast jede/r hat schon mal die Erfahrung gemacht, dass das eigene Mailkonto gehackt wurde und alle persönlichen Kontakte plötzlich seltsame Mails bekommen. Das ist auch nur die harmlose Variante. Schlimmer geht immer, wenn etwa alle Passwörter in fremde Hände gelangt sind oder ein Verschlüsselungstroyaner den PC komplett ins Koma versetzt hat. Da hilft dann auch die Bergrettung nicht mehr.

Verhindert lässt sich das, indem man Sicherheitslücken am PC gar nicht erst entstehen lässt. Und hier kommt nun die humanitäre Hilfsorganisation Microsoft ins Spiel. Deren aufmerksamer Kundendienst beschäftigt nette, englischsprechende Menschen, die uns vor Schaden bewahren wollen und deshalb persönlich anrufen, manchmal sogar mehrmals am Tag. Sie wollen ein angebliches Virus oder eine Sicherheitslücke auf unserem Computer beseitigen und brauchen dafür unsere Zugangsdaten.

“Hahahahaha! For how stupid hold you me? Did they shit in your brain?” Das ist zwar recht unhöflich, aber damit werden die Telefonate in der Regel grußlos beendet. Nun wäre es natürlich wünschenswert, es gäbe, ähnlich wie bei Spam-Mails, einen Filter, der solche Anrufe, auch die nervigen unerlaubten Werbeanrufe, schon im Vorfeld abfängt. Solange es diesen Telefon-Spam-Filter nicht gibt, jedenfalls nicht für den Festnetzanschluss, kann man sich mit einer der folgenden Techniken behelfen: Das Telefon mit Pfefferspray einsprühen, in kochendes Wasser tauchen, zehn  Minuten in die Microwelle legen oder, wenn das alles nicht hilft, einen langanhaltenden schrillen Schrei ausstoßen, bis dem Anrufer am anderen Ende der Leitung die Brillengläser zerspringen. Den Hörer wutentbrannt auf die Gabel schmettern – das war früher, als das Leben noch einfacher und das Schnurtelefon aus Bakelit war.  


Philipp Amthor: So jung, so blond, so rechts

Dem umtriebigen, stets adrett gekleideten Abgeordneten Philipp Amthor (genannt „Fipsi“) gilt meine besondere Aufmerksamkeit, alldieweil wir am gleichen Tag Geburtstag haben. Und noch etwas verbindet uns: Die Deutschlandfahne. Mein bevorzugtes Kleidungsstück in seinem Alter war, trotz meines gestörten Verhältnisses zum vaterländischen Dienst in der Truppe, ein vergammelter Bundeswehrparka mit Deutschlandfahne am Ärmel. Amthor trägt gerne die Deutschlandfahne am Revers seines schwarzen Anzugs. Was uns unterscheidet: Alter, Gesinnung, Einkommen, Selbstsicherheit, Parteizugehörigkeit, Brillengestell, Führerscheinbesitz, dämliches Grinsen, Anzahl der bezahlten Nebentätigkeiten.

Auf der Seite Abgeordnetenwatch kann man sich informieren, wofür und wogegen Amthor im Bundestag gestimmt hat, z.B.

  • gegen eine Prämie für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegesystem,
  • gegen die Freigabe der Patente für Impfstoffe
  • gegen Transparenzregelungen für Abgeordnete (War da nicht mal diese dumme Geschichte mit Augustus Intelligence?)
  • gegen eine Änderung der Abgabenordnung (um Erträge aus Steuerhinterziehungen aus den Cum-Ex-Geschäften länger einziehen zu können)
  • gegen die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria und besonders schutzbedürftiger Geflüchteter aus den griechischen Lagern
  • gegen eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages
  • gegen eine Erhöhung des Regelsatzes der Grundsicherung (vermutlich würde er nicht gegen eine Erhöhung der Abgeordnetendiäten stimmen…)
  • gegen eine Konzerntransparenz gegen Steuerflucht.

Der Mann hat ja auch schrecklich viel zu tun. Wer das genauer wissen will, der oder die möge sich das Horror-Youttube-Video „Ein Tag mit Philipp Amthor“ reinziehen:

Kann man sich aber auch sparen oder stattdessen das Dschungelcamp im Fernsehen anschauen.


Meine Lektüreempfehlung: Palästina und die Palästinenser von Muriel Asseburg

Bei der Darstellung des israelisch-palästinensischen Konflikts in den bundesdeutschen Medien und in der wissenschaftlichen und politischen Debatte kommt die palästinensische Perspektive häufig zu kurz oder wird einseitig durch Klischees geprägt, wonach die Palästinenser entweder als „Terroristen, Ewiggestrige oder reine Opfer“ wahrgenommen werden, so die Autorin in der Einleitung zu ihrer Geschichte Palästinas und der Palästinenser, eine Geschichte, die geprägt ist „von Krieg, Konflikt, Vertreibung, Verlust und Exil sowie von einem bis heute unerfüllten Streben nach nationaler Selbstbestimmung“.

Asseburg beschreibt faktenreich und mit großer Detail- und Sachkenntnis die Geschichte des Konflikts, beginnend mit der Gründung des Staates Israel 1948 bis in die jüngste Gegenwart, und will dabei „die Palästinenserinnen und Palästinenser als Handelnde ihrer eigenen Geschichte sichtbar machen“ und den besonderen Beitrag der Frauen zu dieser Geschichte hervorheben. Es gelingt der Autorin, diesem Anspruch gerecht zu werden, ohne dabei kritiklos Partei für die handelnden Akteure auf der palästinensischen Seite zu ergreifen. Ihre Darstellung macht jedoch verständlich, wie sehr der palästinensische friedliche Widerstand als auch der gewaltsame Protest von der israelischen Besatzungs-, Siedlungs- und Flüchtlingspolitik und der diskriminierenden Behandlung der palästinensischen Bevölkerung provoziert wurde und wird. Eine Lösung ist nicht in Sicht; die am Schluss des Buches beschriebenen Zukunftsaussichten sind mehr als düster.     

Leider ist in Deutschland vor dem Hintergrund der Shoa jede Kritik an der Politik des Staates Israel schnell mit dem Vorwurf des Antisemitismus belegt. Ein Beispiel dafür ist die BDS-Kampagne (Boycott, Divestment, and Sanctions), die 2019 vom Deutschen Bundestag verurteilt wurde.  Asseburg zeigt in ihrem Buch auf (S. 231 ff.), dass eine Gleichsetzung von BDS mit Antisemitismus dem Anliegen der Kampagne nicht gerecht wird und auch von namhaften jüdischen und israelischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern abgelehnt wird.

Mein Fazit: Asseburgs Buch ist ein wertvoller Beitrag zur Versachlichung der Diskussion um den palästinensisch-israelischen Konflikt.

(Muriel Asseburg: Palästina und die Palästinenser. Eine Geschichte von der Nakba bis zur Gegenwart. C.H. Beck. München 2021, 16,95 €)


Ach du liebe ZEIT: Über die Linken und die Armen

Anna Mayr, Redakteurin der ZEIT, hat in der jüngsten Ausgabe (Nr. 2, 5. Januar, Seite 45) eine wüste Polemik gegen die Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens vom Zaun gebrochen, die von Unterstellungen, Vorurteilen und Diffamierungen nur so trieft. Die erste Unterstellung: Wer gegen das bedingungslose Grundeinkommen sei, von dem würden die Leute denken, „dass man auch Katzenbabys ertränken oder Obdachlose anzünden“ würde und der müsse „allermindestens ein bisschen dumm sein“ (das kann man für ZEIT-Leser ja schon mal grundsätzlich ausschließen, gell?). Nachdem die Autorin also rhetorisch geschickt klargestellt hat, dass sie als bekennende Gegnerin des bedingungslosen Grundeinkommens weder Katzenbabys ertränkt noch Obdachlose anzündet (was soll daran eigentlich so schlimm sein?) und erst recht nicht dumm ist, knöpft sie sich die Befürworter desselben vor. Das sind einmal die Linken oder wahlweise die bürgerliche Boheme oder die „Bourgeois-Boheme Mittelschicht“ (Huch! Meint die etwa mich?), von denen nämlich die meisten „die Armen und ihre Belange von Grund auf abstoßend finden. Sie wollen das Grundeinkommen nicht für Hartz-IV-Empfängerinnen, sondern für ihre Künstlerfreunde“. Und weiter heißt es: „Diese Leute“ – gemeint sind, um im Jargon von Mayr zu bleiben, „die Petitionsunterzeichner und Weltverbesserinnen“ – „Diese Leute ekeln sich vor den armen Kindern, denn die stinken und sagen Schimpfworte.“ Du liebe ZEIT, Frau Mayr, wer hat Ihnen denn diesen Schwachsinn in die Feder diktiert?

Mal ganz egal, wie man selbst zum Grundeinkommens steht – ob man zu den Katzenbaby-Ertränkern und Obdachlosenanzündern gehört oder zu den Linken, die die Armen abstoßend finden und sich vor stinkenden Kindern ekeln -, eine sachliche Debatte um das Für und Wider hätte die Idee des Grundeinkommens auch im Feuilleton der ZEIT verdient.

Mach ich daraus jetzt einen Leserbrief oder nicht?

Nachtrag am 22.01.2021: Hab ich gemacht. Wurde aber nicht in der Printausgabe gedruckt, sondern online veröffentlicht unter: Der Blog der Leser


Neues Jahr: Wie man gute Vorsätze bricht

Das neue Jahr ist noch keine ganze Woche alt, und schon kommt es einem vor wie das alte. Hat man was gemerkt? Ist irgendetwas anders? Schweigen die Waffen? Können alle Flüchtlinge ruhig schlafen? Hat die AFD sich nach Absurdistan verpisst? Hat Olaf Scholz sich ein Tattoo stechen lassen? Ja gut, an die Zahl 22 muss man sich noch gewöhnen. Auch an die neue Regierung. Die hat sich ja viel vorgenommen: Mehr Fortschritt wagen. Der progress ist damit quasi unstoppable.

Ich habe mir für das neue Jahr nichts vorgenommen. Keine guten Vorsätze. Das hat den Vorteil, dass ich sie nicht gleich schon wieder brechen kann und mich dann schlecht fühle. Dabei gäbe es durchaus auch bei mir einiges an Fortschritt zu wagen: abnehmen (ja, doch), gesünder essen (kein Fleisch!), mehr Sport, weniger trinken (mein Arzt sagt, ich soll mehr trinken, ja was denn nun), mein Facebook-Konto kündigen, Fett absaugen lassen, dem Atomwaffensperrvertrag beitreten, keine albernen Blogbeiträge posten, Verpackungsmüll vermeiden, geduldiger und nachsichtiger werden, nicht mehr „selber Arschloch“ denken und erst recht nicht sagen, mehr Gymnastik machen, den Keller aufräumen, täglich drei Stunden Klavier üben, endlich einen Bestseller schreiben, den Friedensnobelpreis entgegennehmen, keine leeren Phrasen mehr dreschen (alles gut, unfassbar, genau, nach meinem Dafürhalten), öfter Staub wischen – puh. Genau. Das ist unfassbar viel und nach meinem Dafürhalten gar nicht alles gut.  

Doch, eine Sache, das fällt mir gerade ein, habe ich mir vorgenommen. Nein, keinen Marathon unter drei Stunden laufen, und auch nicht den Großen Brockhaus von Anfang bis Ende lesen, sondern mein persönlicher Beitrag zum Klimaschutz: Auf der Autobahn nicht schneller als 120 km/h zu fahren. Damit wäre ich der Regierung in Sachen mehr Fortschritt wagen um einiges voraus. Mal abgesehen davon, dass unser Auto auch gar nicht viel schneller fahren könnte, selbst wenn mal wollte. Aber das bleibt jetzt mal unter uns.  


Passwörter: Wider das Vergessen oder schon wieder vergessen?

Man muss seine Daten und seine Geräte vor Hackern schützen. Mein Leben ist voll von PINs, PUKs, Passwörtern und Kundennummern. Eures ja vermutlich auch. Es soll Menschen geben, die sich das alles merken können. Ich gehöre nicht dazu. Die Zeiten, wo man sich nur die eigene Telefonnummer und die der Freundin merken musste, liegen weit in der Vergangenheit. Es wird dringend davon abgeraten, immer das gleiche Passwort für verschiedene Dienste und Apps zu verwenden. Das habe ich mir zu Herzen genommen. Allerdings muss ich die ganzen Nummern und Buchstabenfolgen aufschreiben, um sie nicht zu vergessen, und wenn ich sie brauche, weiß ich nicht mehr, wo ich sie aufgeschrieben habe. Ständig bin ich auf der Suche danach. Ich habe mir eine Excelliste mit allen Zugangsdaten angelegt. Das Bankkonto, die BahnCard, die Krankenkasse, den Telefonrouter, die EC-Karte, für Google, den onlineshop der Post, für doodle, iBay-Kleinanzeigen, iTunes, Spotify, facebook, das Mobiltelefon, das Mailkonto, die Versicherungen, eben für alle Konten respektive accounts, die ich mal irgendwo irgendwann irgendwie angelegt habe. Es stehen 87 Dienste oder Anwendungen in meiner Liste. Täglich kommen neue hinzu. Meine neue elektrische Zahnbürste zum Beispiel, die kommuniziert nämlich mit dem Internet und behauptet, ich hätte nicht gründlich genug geputzt.

Wenn man ein Passwort vergessen hat, kann man ein neues anfordern. Dafür bekommt man eine Codenummer aufs Handy geschickt. Das funktioniert, vorausgesetzt, das Handy ist nicht gerade gesperrt wegen was weiß ich. Meistens vergesse ich, weil eilig etwas erledigt werden muss, das neue Passwort in der Excelliste zu ändern. Damit diese Excelliste nicht einem Hacker in die Hände fällt, was extrem blöd wäre, habe ich sie gut versteckt. Aber wo zum Teufel?

Jemand hat mir geraten, mir einen Passwort-Manager zuzulegen. Ein Passwort-Manager ist eine geniale Sache. Man braucht dann nur noch ein einziges Passwort, ein sogenanntes Generalpasswort. Das habe ich getan. Aber ich habe vergessen, mir das Generalpasswort zu merken. Ich habe auch vergessen, wo ich das Generalpasswort hinterlegt habe. Ich habe ein neues Passwort bei dem Passwort-Manager angefordert. Der Passwortmanager verlangt aber dafür von mir das Generalpasswort. So ungefähr stelle ich mir die Hölle vor.