Aua! Grüner Wahlspot wird zum Wahlspott

„Jetzt alles geben, den Aufbruch leben – wir sind bereit. Unser Spot zur Bundestagswahl 2021“ – so kündigen die Grünen ihren neuen Wahlspot an. Ein Wahlspot, der in den sozialen Medien Spott und Hohn hervorgerufen hat – leider nicht ohne Grund.

In Anlehnung an das schöne Volkslied „Kein schöner Land“ wird darauf schräg gesungen und holprig gereimt, dass sich die Balken biegen. Warum Annalena und Robert, die am Ende zu Wort kommen, nicht singen? Vielleicht war ihnen bewusst, dass sie dann die nach oben offene Peinlichkeitsskala zu neuen Rekorden hochgetrieben hätten. Ob die Werbeagentur, die den Grünen dieses misslungene Œu­v­re untergejubelt hat, vielleicht heimlich von der CDU oder FDP geschmiert war? Das Ganze ist nämlich nicht nur musikalisch und lyrisch ziemlich misslungen, sondern auch kein orthografisches Meisterstück. Man kann nur hoffen, dass die Grünen, sollten sie an der neuen Bundesregierung beteiligt sein, ihre Gesetzesvorlagen nicht in Reimform und gesanglich unterlegt in den Bundestag einbringen.

Übrigens: Ein Beispiel, wie man sowas besser macht, gibt es hier:


CDU Why?? Neues Video von Rezo

Rezo, der schnellsprechende Junge mit den blauen Haaren, hat ein neues Video rausgehauen:

Es geht darin (Zerstörung Teil 1: Inkompetenz) nicht um kleine „funny Versprecher“, um im Jargon von Rezo zu bleiben, sondern um das Fehlverhalten (Verkacken) von Politiker*innen, um Inkompetenz oder auch bewusste Täuschung (Verarschung) der Bevölkerung. Dass dabei vor allem „loste Leute“ wie Armin Laschet, Julia Glöckner oder Andreas Scheuer vorgeführt werden, kann nicht wirklich überraschen.

Das ist allerdings alles nicht neu. Aufmerksame Beobachter des politischen Zeitgeschehens kennen die „extrem abgefuckten cases“, die Rezo hier in seiner unnachahmlichen Art präsentiert und kommentiert. Das knapp dreißigminütige Video hat hohen Unterhaltungswert. Teil 2 ist angekündigt und wird wohl demnächst auf Youtube zu sehen sein.


Kampfzone Garten: Jetzt wird aufgerüstet!

Meine Frau wünscht sich einen Garten. Unsere Dachwohnung verfügt nur über einen winzigen Balkon. Sie träumt davon, an nicht zu heißen Sommertagen mit einem schönen Buch in der Hand im Liegestuhl die Blumenpracht um sich herum zu genießen, den Duft von Flieder und Holunder einzuatmen, dem lustigen Treiben der Vogelschar zuzuschauen und dabei den Hund zu kraulen.

Ich will ihr diese Illusionen nicht zerstören. Ich weiß, wieviel Mühe es kostet, einen Garten in den erträumten paradiesähnlichen Zustand zu bringen und ihn auch dort zu halten. Ich sage nur: Unkräuter, Schnecken, Maulwürfe, Wühlmäuse. Trotzdem unterstütze ich den Wunsch meiner Frau, weil ich auf diesem Wege endlich die vielen nützlichen Gartenhelfer anschaffen kann, die heute zum Leben des Gärtners und der Gärtnerin einfach dazugehören. Ich denke mir unseren Garten als Pflanzen- und Sträucherparadies, aber schon auch mit ordentlicher Rasenfläche (Rollrasen!), wo der Einsatz eines Mähroboters Sinn macht – der Hund wird sich dran gewöhnen müssen. Sofern die Ausdehnung des Gartens es zulässt, würde ich sogar einem Aufsitzmäher mit Mulchfunktion den Vorzug geben. Ein Laubbläser, mit dem welkes Laub unter ohrenbetäubendem Lärm auf Nachbars Grundstück befördert werden kann, gehört zur Standardausrüstung des Gartenfreundes, nebst der dazu unbedingt empfohlenen Rechtsschutzversicherung.

Seit langem träume ich von einer Akku-Heckenschere mit Anti-Blockiersystem, ein Gerät, das auf unserem kleinen Dachbalkon nur unter Lebensgefahr eingesetzt werden könnte. Ein Musthave ist das Gas-Abflammgerät für die Unkrautbeseitigung (ein Kanister Glyphosat, bei eBay erhältlich, für hartnäckige Fälle sollte trotzdem parat stehen) sowie ein Akku-Teleskop-Hochentaster mit automatischer Kettenschmierung. Das lästige Gießen während des Urlaubs – den Nachbarn kann man wegen der Laubgeschichte nicht mehr fragen – übernimmt die elektronische Bewässerungsanlage, die sich per App übers Handy steuern lässt. Kettensäge, Elektrohäcksler und Elektrovertikutierer sowie Kärcher-Hochdruckreiniger gibt es bei Obi im Angebot. Damit wäre zumindest mal der Grundbedarf an Gartenhelfern abgedeckt. Für Hinweise von erfahrenen Gartenbesitzer*innen, was noch fehlt, bin ich dankbar.


SUVler aller Länder, vereinigt Euch!

Die Deutschen kaufen wieder mehr SUVs. Darauf hatten wir bereits in unserem Blogbeitrag „Umweltkatastrophe: Die Stunde der Heuchler“ vom 17. Juli 2021 hingewiesen. Heute wollen wir mal nicht, wie es in linksversifften ökosozialistischen Kreisen üblich ist, die Besitzer von SUVs in die Moralpfanne hauen. Mitnichten. Auch SUV-Fahrer*innen sind Menschen, die unseren Respekt verdienen. Ein SUV, ein Sport Utility Vehicle, ist ja eigentlich ein Geländewagen. Im Stadtverkehr und auf Autobahnen also unbedingt zu empfehlen. Dieser Fahrzeugtyp wird bevorzugt von älteren Männern gefahren. Doch auch Frauen scheinen daran Gefallen zu finden. Solche „Hausfrauenpanzer“ oder „Muttipanzer“ werden vermehrt beim Absetzen des Nachwuchses vor Kita und Schule beobachtet.

Warum kaufen vollausgewachsene und intelligente Menschen solche panzerähnlichen PS-Kanonen? Bei Wikipedia können wir lesen, dass „ein gewisses Überlegenheitsgefühl“ sowie „Schutzbedürftigkeit“ als Motive eine Rolle spielen. Schutzbedürftig! Wie herzig! Manche SUV-Fahrer, so die Forscher, versuchen auch, sich mit den „meist überdurchschnittlich großen und häufig auch aggressiv designten Fahrzeugen in der immer rauer gewordenen Verkehrsumwelt Respekt zu verschaffen“. Das passt schon eher. Wenn dir beim Überholen auf der Autobahn mit deinem popeligen 45-PS-Kleinwagen ein von hinten mit höchster Geschwindigkeit heranbrausender SUV Respekt fordert, dann solltest du dich ganz schnell wieder auf die rechte Spur verkrümeln, wo dein Platz ist. Auf Parkplätzen und in Tiefgaragen verschaffen sich die SUVs Respekt, indem sie mehr als einen Platz belegen. Wikipedia behauptet auch, das SUV sei das „Fahrzeug des Eskapismus“ (schon wieder ein neues Fremdwort, das wir, nachdem wir es im Brockhaus (sic!) nachgeschlagen haben, gerne in unseren Angeberwortschatz aufnehmen) – also Flucht vor der Realität in eine Scheinwelt.

Psychologen wollen herausgefunden haben, dass es, was die Vorliebe der Männer für SUVs anbetrifft, einen Zusammenhang zwischen nachlassender sexueller Potenz und Vorliebe für PS-starke dicke Schlitten gebe. Diese sexualpsychologische Erklärung erscheint mir etwas zu simpel. Zumal diese These bei Frauen als Käuferinnen nicht greift, es sei denn, man bemüht den freudschen Penisneid als tiefenpsychologisches Erklärungsmuster. Ich habe meine eigene Theorie, warum sich Menschen so ein protzigfettes Teil – in der Schweiz auch als Goldküstenpanzer verhöhnt – zulegen. Es handelt sich offensichtlich um die Verarbeitung eines schweren frühkindlichen Traumas, nämlich das Trauma einer bobbycarlosen Kindheit. Wir wissen, dass die frühkindliche Phase entscheidend für die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung des Kindes ist. Wer eine Kindheit ohne Bobbycar durchleben musste – was für die Älteren unter uns der Normalfall gewesen sein dürfte – konnte keine emotionale Bindung zu jeder Art von Fortbewegung auf vier Rädern entwickeln. Genauso wichtig für die Entwicklung des Kindes wie die ersten Bindungen sind die späteren Ablösungsprozesse, die in der Regel während der Pubertät stattfinden. Wo aber keine Bobbycar-Bindung entstehen konnte, da fehlt auch der entsprechende Ablösungsprozess. Der SUV-Fahrer, die SUV-Fahrerin muss diesen pubertinösen Entwicklungssprung nachholen – so isses nämlich! Schutzbedüftig und zu früh vom Töpfchen gezerrt!

Wie man die Zunahme der SUVs auf deutschen Straßen in konstruktive Bahnen lenken kann, auch darüber habe ich mir meine eigenen Gedanken gemacht. Zwangsenteignungen helfen ja auch nicht weiter. Wie wäre es, wenn man alle SUVs mit einer auf dem Autodach verschraubten 60mm-Schnellfeuerkanone ausstattet – die sind meines Wissens in den USA in jedem Baumarkt erhältlich? Die für die Steuerung der Kanone erforderliche App lässt sich sicher auf dem Smartphone installieren. Damit würde der SUV dann wirklich zum Panzer. Einsatzgebiete gäbe es genug: Zum Beispiel aktuell Afghanistan, wo wir mit einer Armee an bewaffneten SUVs die Taliban in ihre Höhlen zurücktreiben könnten!! Das wäre doch eine coole Sache. António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, wäre sicher begeistert. Eine neue UN-Strategie zum Peace Enforcement (Friedenserzwingung) nicht nur für Afghanistan, sondern auch für Syrien, den Jemen, Äthiopien, Großbritannien, die Westsahara, usw.  

SUVler aller Länder, vereinigt Euch!


Unser Wohlstand wird auch im Indopazifik verteidigt

Wer es bisher noch nicht wusste: Auch im „Indopazifik geht es um unsere Werte und Interessen“. Um das zu untermauern, schicken wir ein Kriegsschiff, die Fregatte Bayern, in die Region. Die Fahrt ist, so Verteidigungsministerin Annegret Krampf-Knarrenbauer, ein „Zeichen für Stabilität, Wohlstand und eine regelbasierte, multilaterale Ordnung“. Da werden die Bewohner*innen von Papua Neuguinea, Kiribati, Nauru und Fidschi schwer beeindruckt sein und sich sofort daran machen, in ihren verlotterten Gesellschaften für Stabilität, Ordnung und Wohlstand zu sorgen. 

Außerdem soll den Chinesen der militärische Stinkefinger gezeigt werden, im offiziellen Politsprech den „chinesischen Machtansprüchen in der Region etwas entgegensetzen“. Also Außenpolitik mit Kanonenbooten? Hatten wir das nicht schon mal?

Wer genau wissen will, welche Werte und Interessen die Bayern transportiert, findet eine Auflistung auf der Seite: https://schiffsverfolgung.de/fregatte-bayern/ unter dem Menüpunkt „Bewaffnung“, z.B. zwei Leichgewichtstorpedos, zwei Revolverkanonen und noch mehr son Zeugs. Die werden gebraucht wegen der freien Seewege, den Lieferketten und dem Multilateralismus. Unsere Freiheit hatten wir ja zuletzt, wir erinnern uns, am Hindukusch verteidigt. Mit mäßigem Erfolg, wie man dieser Tage feststellen kann.


Buchkritik: Was Georg Cremer von Annalena Baerbock unterscheidet

Zwei neu erschienene Sachbücher, die auf den ersten Blick wenig Gemeinsames haben, möchte ich heute kommentieren: Georg Cremer: Sozial ist, was stark macht. Warum Deutschland eine Politik der Befähigung braucht und was sie leistet. Freiburg, 2021 (250 Seiten, Herder) und Annalena Baerbock: Jetzt. Wie wir unser Land erneuern. Berlin, 2021 (240 Seiten, Ullstein).

Über Baerbocks Buch ist bereits viel geschrieben, um nicht zu sagen, gelästert worden. Sie hat wörtliche Zitate aus anderen Quellen übernommen, ohne diese zu kennzeichnen und die Quellen zu nennen. Wie es scheint, ist an diesen Plagiatsvorwürfen mehr heiße Luft als sachlich begründete Kritik. Es handelt sich in Teilen um eine durchsichtige, scheinheilige Kampagne, die darauf abzielt, den Ruf der Kanzlerkandidatin der Grünen zu beschädigen. Schließlich ist das Buch keine wissenschaftliche Arbeit. Trotzdem: Es ist ungeschickt, es ist blöd, es ist völlig unnötig.

So sehr ich nun Annalena Baerbock gegen die üble Hetzerei in Schutz nehmen möchte, so schwer fällt es mir, ihr Buch gut zu finden. Was mich bei der Lektüre zunehmend irritierte: Irgendwie alles richtig, irgendwie alles plausibel, irgendwie alles wichtig, aber irgendwie auch alles bekannt und wenig originell. Mir kommt das Buch vor wie die Prosafassung des Wahlprogramms der Grünen. Der Drang, alle anstehenden Zukunftsfragen abzuhandeln, führt dazu, dass viele Forderungen sehr allgemein bleiben. Und da, wo die Autorin konkret wird, handelt es sich um längst bekannte Forderungen ihrer Partei. Die Passagen zum persönlichen Werdegang der Autorin, die Ratschläge der Oma, die Erfahrungen als erfolgreiche Sportlerin (Trampolin!) – alles ganz nett, aber mehr auch nicht. Eher wie plumpe Anbiederung habe ich die Passagen empfunden, in denen Baerbock ihre „Volksnähe“ selbstgefällig unter Beweis stellen will. Wen sie alles besucht hat, mit wem sie alles gesprochen hat – die Bewerbung um die Kanzlerschaft hat in diesem Teil des Buches Pate gestanden. Fazit: Eine schlampig zusammengezimmerte Publikation, die keine neuen Erkenntnisse bringt.

Man mag der Autorin zugutehalten, dass sie das alles gar nicht selbst geschrieben haben kann. Wie auch, bei dem Job als Parteivorsitzende, Kanzlerkandidatin und Wahlkämpferin. Aber warum überhaupt dieses Buch? Warum meinen erfolgreiche, prominente Politiker*innen, sich unbedingt auch noch als Autor*innen profilieren zu müssen? Si tacuisses …

Georg Cremer muss sich nicht mehr profilieren. Er war 17 Jahre Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes und hat sich in dieser Zeit einen ausgezeichneten Ruf als Experte für sozialpolitische Fragen, für Armutsforschung und für Stärken und Schwächen des Sozialstaates erworben. Im Klappentext seines jüngsten Buches „Sozial ist, was stark macht“ heißt es: „Der deutsche Sozialstaat ist gut ausgebaut, aber er leistet nicht genug gegen gesellschaftliche Spaltung. So wichtig Umverteilung ist, Geld allein kann Gerechtigkeit nicht erzwingen. Um teilhaben zu können, müssen alle Bürgerinnen und Bürger ihre Potentiale entfalten können. Eine Politik der Befähigung, wie sie Georg Cremer in diesem Buch vorstellt, fördert Selbstsorge und Autonomie, ohne die Fürsorge zu vernachlässigen. Sie stärkt zugleich die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats. Und sie ermöglicht einen Mittelweg zwischen dem illusionären Wunsch nach völlig anderen Verhältnissen und der resignativen Kapitulation vor verfestigter sozialer Ungleichheit. Sozial ist, was Menschen schützt und sie zugleich stärkt.“

Der Befähigungsansatz, für den Cremer wirbt, geht zurück auf den indischen Philosophen Amartya Sen, dem Cremer ein ganzes Kapitel in seinem Buch widmet. Was bei Sen „Verwirklichungschancen“ heißt, nennt Cremer „Befähigungsgerechtigkeit“, die er für weit anspruchsvoller als Chancengerechtigkeit hält. „Gerechtigkeit ist kein Synonym für Gleichheit“, betont Cremer, und Einkommensunterschiede aufgrund von unterschiedlicher Leistung hält er für legitim.

Seine Kernthese lautet: Der deutsche Sozialstaat ist gut ausgebaut, ohne dass er damit die Defizite in Abrede stellt – wie zum Beispiel das „Präventionsdilemma“. Mit diesem Begriff beschreibt Cremer das Problem, dass viele Programme eher die Mittelschicht erreichen und nicht diejenigen, für die sie gedacht sind und die sie am dringendsten brauchen.

Breiten Raum räumt Cremer der Bildungspolitik ein (Kapitel 3, 4 und 5) und setzt sich kritisch mit Strukturfragen schulischer Bildung in Deutschland auseinander. Er weiß um den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen und hält ein zweigliedriges Schulsystem – Gemeinschaftsschule bis zur 9. Klasse für alle und Gymnasium – für die bessere Lösung, konstatiert aber, dass dies wohl politisch nicht durchsetzbar ist.

Cremer ist kein Freund politisch folgenloser utopischer Gegenentwürfe“. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, der von ihm vertretene Befähigungsansatz sei ein neoliberales Konzept und kritisiert die „Rituale folgenloser Empörung und pauschaler Sozialstaatskritik“ und die „große Erzählung des Sozialabbaus“ im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (so in einem Artikel in der FAZ am 15.03.2021: Ein Jahr Corona. Der Sozialstaat im Stresstest).

Auch Cremers Buch ist keine wissenschaftliche Publikation. Das macht es einerseits leicht lesbar. Anderseits sind zahlreiche Zitate und Quellen als solche gekennzeichnet, und das umfangreiche Literaturverzeichnis macht deutlich, dass der Autor viel Zeit und Sorgfalt darauf verwendet hat, seine Thesen zu begründen und mit Daten und Fakten zu untermauern. Auch darin unterscheidet sich sein Buch von Annalena Baerbocks Spiegel-Bestseller.