Unfassbar: Mit dem Alleinstellungsmerkmal breit aufgestellt

Dieser Blog muss sich nicht neu erfinden (sag ich mal): Zukunftsorientiert, zielführend und ergebnisoffen, ohne dysfunktionale Gesinnungsethik und mit einer wirkmächtigen Performance fokussieren wir uns unaufgeregt und auf Augenhöhe auf themenzentrierte Win-Win-Situationen in der Zivilgesellschaft, indem wir mit ganzheitlicher Empathie und authentischer Achtsamkeit die Schnittstellen zwischen Opfernarrativ, Populismuskeule und Kuscheljustiz abarbeiten und dabei absolut lösungsorientiert und faktenbasiert am großen Rad drehen. Ein Plan B ist dabei nicht unser Ding, wir kriegen das als Teamplayer auch so auf die Reihe und müssen noch lange nicht die Reißleine ziehen. Wir hinterfragen kritisch und vollumfänglich die Gemengelage zwischen alternativlosen Paradigmenwechseln, die Sinn machen und sich nicht auf Worthülsen herunterbrechen lassen. Damit zeigen wir klare Kante und holen auch die Lowperformer mit ins Boot. Dabei ist allerdings noch Luft nach oben.

Ausgehend von einer kulturtheoretischen Perspektive und postkolonialen Theoriebildung sucht die feministische Kritik nach Sinngebung und einem flächendeckenden Konsens, trifft aber angesichts einer elitären Linearität und einem performativen Widerspruch auf die Vorherrschaft binärer Ordnungen, die infolge einer frühen Exegese der Dekonstruktion zu Bemerkungen zum medialen Apriori oder zum unendlichen Aufschub der Signifikanten führen, also zu ideologischen Substraten, die letztlich aufgrund ihrer Genese im Poststrukturalismus als sexistisch und rassistisch zu qualifizieren sind. Diese von der LGBTIQ-Communtiy diskursiv analysierte Diversity Checklist entlarvt Bemächtigungsstrategien von Geschlechtsidentität, Hermoaphroditismus und Transsexualität und führt in der Diskusanalyse zur Frage: Wen kümmert´s, wer spricht?

Anmerkung des Autors: Glückwunsch! Du hast / Sie haben mit der Lektüre dieses sinnfreien Textes bis hierher durchgehalten. Der erste Absatz nimmt, wie unschwer zu erkennen ist, auf nicht ganz ernst gemeinte Weise die Worthülsen unserer Alltagssprache auf die Schippe und erreicht einen Bullshit-Index von stolzen 0,61. Keine Alltagssprache, aber abgehobener akademischer Jargon wird im zweiten Absatz hochkonzentriert dargeboten. Übertrieben? Mitnichten. Alle Begriffe aus dem zweiten Absatz stammen aus einem einzigen Zeitartikel:  Wen kümmert´s, wer spricht? Von Andreas Bernhard in: Die ZEIT, Nr. 35 vom 20. August 2020, S. 43.


„Lügenpresse“ – oder: Wie (un)abhängig sind unsere Medien?

Gibt es ein Schweigekartell in den „Mainstreammedien“? Eine gleichgerichtete, von oben gesteuerte Meinungsmache? Stimmt es, dass „einflussreiche Kreise“ im Hintergrund den Medienmachern hierzulande diktieren, was und vor allem wie berichtet wird? Dass Bilder und Berichte, die nicht ins „westliche Narrativ“ passen, nicht gebracht werden? Davon jedenfalls sind die Wutbürger, Merkelmusswegbefürworter, AfDler, Verschwörungsgläubigen, Coronaleugner, Pegidahetzer, Aluhutträger, Rechtspopulisten usw. überzeugt, wenn sie mit ihrem Schlachtruf von der „Lügenpresse“ die Medienvertreter bei ihren Veranstaltungen niederschreien.

Man kann das als pauschales Vorurteil abtun, zumal die Protagonisten bisher Substanzielles zum Beleg ihrer aggressiv vorgebrachten Behauptung von der Lügenpresse schuldig bleiben. Der Vorwurf der vermeintlichen Gleichschaltung der deutschen Medien und von deren propagandistischen Ausrichtung im Sinne westlich/atlantischer Interessenpolitik wird allerdings auch von ernst zu nehmenden Quellen erhoben. Am Beispiel der Berichterstattung über China versuchen Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer in einem Interview auf der Internetplattform NachDenkSeiten aufzuzeigen, wie etwa die Tagesschau mit subtilen Mitteln Meinung macht und zum „Instrument der Indoktrination“ wird. Ihr Fazit: „Die öffentlich-rechtlichen ebenso wie die kommerziellen Nachrichteninstitute beweisen mit ihrer Praxis, dass sie einseitig und manipulativ arbeiten. Sie erweisen sich damit als diskursunfähig….“ Das ist ein vernichtendes Urteil. Ähnlich hart ins Gericht mit der Chinaberichterstattung der deutschen Medien geht Jörg Lang in seinem Beitrag „Warum nicht China, sondern die, die jetzt gegen China mobilmachen, uns bedrohen“ (als Blogbeitrag veröffentlicht am 29.07.2020 auf dieser Seite).

Wo aber verläuft die Grenze zwischen berechtigter Kritik an einer einseitigen, westlastigen Berichterstattung („Systempresse“) und dem verschwörungsgläubigen Mantra von der Lügenpresse?

Die seriös daherkommende Quelle „Swiss Policy Research“ (SPR) will in einer 2017 erstellten „Propaganda-Matrix-Studie“ nachgewiesen haben, dass der amerikanische Council on Foreign Relations (CFR), lt. SPIEGEL die „einflussreichste private Institution Amerikas und der westlichen Welt“ und ein „Politbüro für den Kapitalismus“, ein umfassendes Progaganda-Netzwerk aufgebaut hat mit dem Ziel der wirkungsvollen Beeinflussung der öffentlichen Meinung: „Sie suggerieren der Bevölkerung eine scheinbare Informationsvielfalt, vermitteln ihr in Wirklichkeit jedoch eine weitgehend homogene und CFR-konforme Sichtweise auf das Weltgeschehen. Hierfür steht den Medien ein umfangreiches Instrumentarium mit über zwei Dutzend verschiedenen Methoden zur Verfügung, die von einer tendenziösen Sprache über die selektive Themenwahl und systematische Ausblendung von Kontext bis hin zur gelegentlichen Falschbehauptung reichen.“  Recherchen zu SPR lassen an der Seriosität und Glaubwürdigkeit dieser Quelle allerdings kein gutes Haar (z.B. https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-wie-glaubwuerdig-ist-swiss-policy-research,S128XLH ). Die Plattform kommt mit einem pseudowissenschaftlichen Anspruch daher, arbeitet aber unwissenschaftlich und ohne Angaben von Autoren und Quellen. Das wird auch an der verharmlosenden Darstellung zur Corona-Pandemie deutlich. Und da schließt sich der Kreis: Coronaleugner und Verschwörungsideologen, wie z.B. Attila Hildmann, beziehen sich gerne auf SPR.

Schauen wir uns eine andere medienkritische Plattform an, die sich ebenfalls einen seriösen Anstrich gibt und viele Follower hat: Das bereits oben erwähnte Portal „NachDenkSeiten“ (NDS).

Dieses Onlineportal zur Medienkritik wird von Albrecht Müller verantwortet und versteht sich als kritische Gegenöffentlichkeit. Mit geradezu missionarischem Eifer wird hier gegen eine vermeintliche Gleichschaltung der deutschen Medien angeschrieben, hinter der hauptsächlich die CIA und die NATO vermutet wird. Berührungsängste mit rechten Positionen und Verschwörungsgläubigen scheinen die Macher der Seite nicht zu haben (z.B. lässt sich Müller von Ken Jebsen interviewen) .

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der Rückzug des Mitherausgebers Wolfgang Lieb vor fünf Jahren, der seinen Ausstieg im Herbst 2015 damit begründete, dass es nicht ausreiche, „die Welt moralisch in „Freund“ und „Feind“ aufzuteilen und die Ursache nahezu allen Übels auf der Welt „einflussreichen Kräften“ (oft in den USA) oder undurchsichtigen „finanzkräftigen Gruppen“ oder pauschal „den Eliten“ zuzuschreiben. Die Reduktion gesellschaftlicher Konflikte auf einen Antagonismus zwischen „Volk“ und „Eliten“ halte ich für missbrauchsanfällig“ – so Lieb in seiner Begründung. Auch im Falle der NachDenkSeiten lässt sich eine Entwicklung von berechtigter Medienkritik hin zu Verschwörungserzählungen konstatieren.

Der Youtuber Rezo hat ein neues Video produziert: „Die Zerstörung der Presse“ – eine gut recherchierte, mit zahlreichen Beispielen belegte Abrechnung mit Missständen und schlampigem Journalismus, die dazu beitragen, das Vertrauen in die etablierten Medien zu untergraben und den Anhängern des Mythos von der Lügenpresse Munition liefern. Rezo beklagt ein zunehmendes Grundmisstrauen gerade der jungen Generation gegenüber der seriösen Presse. Es geht ihm aber gar nicht um eine Pauschalverurteilung oder gar „Zerstörung“ der Presse, wie der Titel des Videos suggeriert, sondern er wirbt um Vertrauen gegenüber den klassischen Medien und warnt vor den Verschwörungsgläubigen und ihrem Mantra von der „Lügenpresse“.

Bleibt am Ende das Dilemma: Wie gelingt es, kritisch und wachsam zu sein gegenüber einer zu einseitigen, tendenziösen, manipulativen Berichterstattung, die es zweifellos gibt, ohne sich mit den Lügenpresse-Gröhlern gemein zu machen? Der bereits erwähnte Wolfgang Lieb schreibt dazu in seiner Begründung für den Ausstieg bei NachDenkSeiten: „Ich halte das um sich greifende konfrontative Denken in der westlichen Politik und in den meisten deutschen Medien für falsch und höchst kritikwürdig, aber ich bin genauso davon überzeugt, dass man dieses Freund-Feind-Schema nicht mit umgekehrten pauschalen und einseitigen Schuldzuweisungen aufbrechen kann.

Gesellschafts- und Ideologiekritik hat für mich das Ziel, schlechte bzw. ungerechte Zustände zum Besseren zu verändern. Diese Kritik darf aber nicht zu einem Generalverdacht gegen alles und jede/n verkommen. Der allgemeine Aufruf zu einem „Kampf“ gegen „die Herrschenden“ und gegen „die Medien“ schürt eher Unbehagen oder gar Verbitterung und löst auf Dauer entweder politische Resignation aus oder lenkt sogar Wasser auf die Mühlen der „schrecklichen Vereinfacher“.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.


In eigener Sache…

An die treuen Follower meines Blogs:

Seit heute (18. August 2020) gibt es auf meinem Blog eine neue Rubrik mit der Überschrift: Literarisches. Anders als auf meiner Blogseite, wo ich alltägliche wichtige und weniger wichtige gesellschaftliche und politische Vorgänge kommentiere, sind die hier veröffentlichten Texte zeitlos und ohne aktuellen Bezug. Sie sind entstanden in der Zeit zwischen 1975 und heute und bis auf wenige Ausnahmen nicht veröffentlicht.

Ich hoffe, dass ich gelegentlich auch neuere Texte auf dieser Seite veröffentlichen kann, und dass die Lektüre derselben dem geneigten Leser/ der geneigten Leserin zur Erheiterung / Erbauung / Nachdenklichkeit gereichen.

Jürgen Lieser, im August 2020


Gewerbsmäßiger Bandenbetrug bei Wirecard: So what?

Dass nun nach dem Ex-Vorstand Marsalek von Wirecard öffentlich gefahndet wird, wegen „gewerbsmäßigem Bandenbetrug, des besonders schweren Falls der Untreue sowie weiterer Vermögens- und Wirtschaftsdelikte“, wie es heißt, sorgt für Aufregung und Empörung. Aber wieso eigentlich? Ist gewerbsmäßiger Bandenbetrug nicht ein verbreitetes und bewährtes, ja sogar als rechtmäßig geduldetes Geschäftsmodell der freien Markwirtschaft – siehe manipulierte Abgaswerte bei VW und Daimler, Zockergeschäfte bei Banken, Flowtex-Skandal, CUM-Ex-Geschäfte und jetzt eben Wirecard?

Immer dann, wenn einzelne, besonders krasse Fälle von Wirtschaftskriminalität ans Tageslicht gelangen, schwappt die Welle der Empörung durch Medien, Politik und Gesellschaft. Bald aber beruhigen sich die Gemüter wieder und es gilt business as usual = Gewinnmaximierung um jeden Preis. Ok, das ist jetzt unsachlich, zu allgemein, einfach nur polemisch und in den Worten von Rezo ein „kackmove“. Oder?

Beim Schlachtbetrieb Tönnies läuft die Produktion wieder. Hat da irgendwas geschrien? War wohl nur ´ne Sau beim Abstechen. Noch´n Beispiel gefällig? Mit irreführender Werbung a la „Ausgabeinformation für alle Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland“ dreht die Fa. MDM Deutsche Münze gutgläubigen Menschen Gold zu überhöhten Preisen an (nachzulesen in DIE ZEIT vom 13. August 2020, S. 26). Das kann man getrost nennen, was es ist: gewerbsmäßiger Bandenbetrug. Die Staatsanwaltschaft sieht darin allerdings kein strafrechtlich relevantes Verhalten, nur weil „im Rahmen des Marketings alle stilistischen Mittel ausgeschöpft werden, um auf die Goldbarren aufmerksam zu machen“.


Sensation: Helle Pfeifengras-Grasbüscheleule doch nicht ausgestorben!

Er galt lange als ausgestorben, der Nachtfalter mit dem schönen Namen Helle Pfeifengras-Grasbüscheleule (Pabulatrix pabulatricula). Nun aber haben Forscher der Würzburger Uni herausgefunden, dass er bzw. sie lebt! Ihren Namen verdankt sie der Tatsache, dass ihre Raupen sich ausschließlich von Pfeifengras (vegan!) ernähren.

Foto: Julian Bittermann/Universität Würzburg/dpa

Es gibt also noch gute Nachrichten in diesen ansonsten eher von Unerfreulichem beherrschten Zeiten. Ebenfalls, in diesem Falle aber leider, noch nicht ausgestorben sind homo sapiens der Spezie Despot, Diktator, selbstverliebter Staatslenker etc. (tyrannus insanus non aptus). Würden sie sich ausschließlich von Pfeifengras ernähren, wäre es ein Leichtes, ihr Aussterben zu beschleunigen. Was der Hellen Pfeifengras-Grasbücheleule den Arterhalt sichert, nämlich das Pfeifengras, ist dem Tyrannus sein im Überfluss vorhandenes Hauptnahrungsmittel Macht, Korruption, Geldgier, Eitelkeit und Ignoranz. Da ist mit einem Aussterben auf absehbare Zeit wohl nicht zu rechnen.


1,3 Millionen bei Anti-Corona-Demo in Berlin

Liebe Anti-Corona-Demonstranten von Berlin:

So so, 1,3 Millionen ward Ihr. Wahnsinn. Die Lügenpresse hat das natürlich mal wieder verschwiegen und nur von 20.000 Teilnehmern, höchsten 25.000, berichtet. Eine Corona-Pandemie gibt es nicht, habt Ihr gesagt. Und gerufen: Weg mit der Maske, wir sind das Volk, Lügenpresse, haut ab. Hat mich irgendwie an die Pegida-Demos in Dresden erinnert. Aber dafür könnt Ihr ja nix, wenn sich Neonazis, Reichsbürger, Verschwörungsgläubige und Islamhasser an Eurer Demo beteiligen.

Ihr seid die Querdenker, die Verteidiger der Demokratie und der Freiheit und wir sind die Deppen, die sich einen Maulkorb/Mundschutz verordnen lassen (der ja auch gar nicht schützt) und die das Denken abstellen. Super finde ich auch den Vergleich Eurer Demo mit dem Arbeiteraufstand in der DDR von 1953.

Geht es auch eine Nummer kleiner? Natürlich dürft Ihr für Eure Meinungen, egal wie abstrus und abgedreht sie sind, demonstrieren. Wehe aber, jemand ist anderer Meinung, da hört es schnell auf mit der Freiheit. 1,3 Millionen selbsternannte Widerstandskämpfer auf der Straße des 17. Juni! Habt Ihr eigentlich alle ein Morbus Bahlsen (vulgo: einen an der Waffel)?

Fakten interessieren Euch natürlich nicht. Aktuell haben sich 18 Mio. Menschen weltweit mit dem Virus infiziert, 685.000 sind ihm zum Opfer gefallen, davon allein 155.000 in den USA und 94.000 in Brasilien. Aber das sind ja alles Fake-News. Und die Erde ist eine Scheibe. Ich lege jetzt meinen Mundschutz ab, aber nur, um zu kotzen.