Corona-Mutation Omikron: Was das Virus von der Armut unterscheidet

Eine Folge der Armut in weiten Teilen der Welt sind Flüchtlinge, die ihr Heil in Europa suchen und dabei ihr Leben aufs Spiel setzen, weil es keine legalen Möglichkeiten gibt. Europas Antwort darauf lautet: Grenzen dicht, Stacheldraht und Pushbacks. Sogar Polen bekommt ausnahmsweise mal Applaus von deutscher (Merkel) und europäischer Seite für seine „Wir müssen draußen-bleiben-Politik“.

Was jetzt neue Besorgnis in Deutschland auslöst, nämlich die neue Corona-Mutation Omikron und ihre mögliche Ausbreitung auch bei uns, ist ein Ergebnis der ungerechten weltweiten Verteilung der Corona-Impfstoffe. UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einem Jahr verlangt, die Impfstoffe als öffentliches Gut zu betrachten und für alle Menschen zugänglich und bezahlbar zu machen.

Das ist nur sehr ungenügend geschehen. Die reichen Länder haben sich mehr Impfstoffe gesichert als nötig, die armen Länder schauen in die Röhre, trotz der sog. Covax-Initiative, die zu einer gerechteren Verteilung des Impfstoffs beitragen soll. Dabei ist bekannt, dass nur eine weltweite Eindämmung der Corona-Pandemie langfristig zum Erfolg führen kann. Die reichen Länder des Nordens können sich nicht alleine vor dem Virus schützen.

Das gilt im Grunde auch für die Armut. Wir können nicht unseren Wohlstand bewahren, während in anderen Teilen der Welt Armut, Hunger, Krieg und Klimawandel Menschen die Lebensgrundlagen rauben und zur Migration zwingen. Der feine kleine Unterschied zum Virus: Menschen kann man an Grenzen abwehren, wenn es sein muss mit Gewalt. Das funktioniert beim Virus nicht, wie wir in diesen Tagen sehen.


Bundeswehr in Mali: Heia Safari?

Was macht die Bundeswehr in Mali? Sie beteiligt sich mit ca. 900 Soldatinnen und Soldaten an der UN-Blauhelm-Mission MINUSMA (Mission multidimensionnelle intégrée des Nations Unies pour la stabilisation au Mali). Der Einsatz ist politisch umstritten und gilt als gefährlich. Zuletzt wurden auch Bundeswehrangehörige bei einem Sprengstoffanschlag schwer verletzt. Aber hier soll es mal nicht um eine politische Bewertung dieses Auslandseinsatzes deutscher Soldatinnen und Soldaten gehen. Sondern um die Frage, was unsere Jungs – auch Mädels sind dabei – abends so singen, während sie ihre aus Deutschland eingeflogenen Bierrationen verzehren. Hat die Bundeswehr eigentlich auch ein eigenes Liedgut? Ja, hat sie. Bis vor kurzem noch sang die Truppe aus dem Liederbuch „Kameraden singt“ das bei den Nazis beliebte „Panzerlied“ oder „Schwarzbraun ist die Haselnuss“. Und – haltet euch fest – „Deutschland, Deutschland über alles“. Wegen solcher und anderer Peinlichkeiten hat das Verteidigungsministerium das Liederbuch 2017 aus dem Verkehr gezogen. Ein neues ist angeblich in Vorbereitung.

Liederbuch der Fallschirmjäger von 1983

Ob das vom Bund deutscher Fallschirmjäger 1983 herausgegebene Liederbuch noch im Gebrauch ist, wissen wir nicht. Das enthaltene Liedgut knüpft auch hier nahtlos an die militaristische Tradition des Dritten Reiches an.

Vielleicht wird das alte Liedgut dennoch weiter gepflegt. Unter geographischen Aspekten würde es sich anbieten, in Mali das Lied von den Trägern und Askari – heia, heia, Safari zu singen: „Wie oft sind wir geschritten auf schmalem Negerpfad…“ – dieses dem Genre der Kolonialismus-Lieder zugeordnete Stück hat der Komponist Robert Götz um 1920 zu einem Text von Hans Riedel geschrieben. Von ihm stammen auch so Knaller wie „Gebt Raum, ihr Völker, unserm Schritt“ oder „Wildgänse rauschen durch die Nacht“ – was dann endet mit „Und fahrn wir ohne Wiederkehr, rauscht uns im Herbst ein Amen“.

Die Nazis haben diese und andere kriegsverherrlichende Lieder gerne der Jugend in ihren Liederbüchern empfohlen. Für das neue Liederbuch der Bundeswehr müsste das mit dem heia Safari natürlich politisch korrekt heißen: „Wie oft sind wir geschritten, auf schmalem N-Wort Pfad“ – würde auch rhythmisch gut passen. Ich habe „Heia Safari“ und „Wildgänse“ in meiner Jugend auch noch voller Imbrunst und ohne Nachdenken gesungen. Sind ja irgendwie auch schöne eingängige Melodien. Über die Texte haben wir jungen Leute damals nicht weiter nachgedacht. Nachdenken darüber sollte man aber von der Bundeswehr schon erwarten.


Mist: Philipp Amthor beim Rasen erwischt

Philipp Amthor gehört zu den Menschen, die mir helfen, meine gelegentlichen Anfälle von Bosheit auszuleben. Der Abgeordnete Amthor, Shootingstar und „Harry Potter“ der CDU, hat schon einige Skandale produziert, was seiner politischen Karriere aber offenbar nicht besonders geschadet hat. Jetzt hat er wieder neuen Stoff geliefert. Mit 120 km/h durch eine 70er-Zone gebrettert und sich dabei erwischen lassen. Wahrscheinlich mit Papas Porsche unterwegs, um von irgendeinem Wirtschaftsverband seine Tantiemen abzuholen. Und jetzt das: Führerschein weg, Bußgeld (leider noch nach dem alten Bußgeldkatalog). Mist. Aber den Führerschein kriegt er ja wieder, und bis dahin steht ihm der Fahrdienst des Deutschen Bundestages zur Verfügung, um nach Hause zu Mami zu fahren, wo das Essen auf dem Tisch steht. „Ich war es nicht, ich bin gar nicht gefahren, Putin war es“ hat er vor Gericht erklärt – oder so ähnlich. Blöd nur, dass es ein Foto gibt, das ihn überführt. Da kann auch sein Freund und noch im Amt befindlicher geschäftsführender Verkehrsminister Andreas Scheuer nix machen, oder vielleicht doch, Andi?

Nun gut, Politiker sind auch Menschen. Wollen wir mal nicht zu streng sein und mit dem Finger auf Andere zeigen. Ich bin auch schon mal wegen Raserei geblitzt worden: Mit 28 km/h am Sonntagvormittag in einer wegen Schule ausgewiesenen 20er-Zone! Damit hatte meine politische Laufbahn ein abruptes Ende, und ich muss seither ein Leben als kleinkarierter grieskrämiger nörgeliger Blogger fristen, statt am großen Rad zu drehen.


Koalitionsvertrag: Droht etwa ein Lieferengpass?

Zu Weihnachten drohen gähnend leere Gabentische. Lieferengpässe bei Playstation, Smartphone, Barbiepuppen und sonstigem Schnickschnack. Dagegen helfen weder Latenight- und Powershopping noch verkaufsoffene Sonntage im Advent. In diesem Jahr warten wir nicht nur aufs Christkind, sondern auch auf den Koalitionsvertrag. Der ist schon zum Nikolaustag in Aussicht gestellt, könnte aber in Verzug geraten. Nach anfänglicher Euphorie und einem überraschend schnell ausgehandelten Sondierungspapier scheint es nun etwas zu „ruckeln“ – so der SPD-Generalsekretär und neue Vorsitzende Lars Klingbeil. Laut Grünenchefin Annalena Baerbock kann der Zeitplan möglicherweise nicht eingehalten werden. Kein Wunder: 300 Experten aus drei Parteien beraten derzeit in 22 Arbeitsgruppen die Bausteine und Inhalte dafür. Heute, just an meinem Geburtstag, um 18 Uhr sollen die Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vorlegen. Jede Arbeitsgruppe hat dafür maximal sechs Seiten, Schriftgröße 11, Zeilenabstand 1,5. Die strittigen Punkte sollen farbig markiert werden. Man darf also gespannt sein, wie bunt es in den Papieren zugehen wird und wieviel Arbeit dann noch auf die Koalitionspartner wartet, weil am Ende ja ein Konsens stehen muss. Der eigentliche Knatsch steht also noch bevor und wird in der Hauptverhandlungsgruppe auszutragen sein, die die ungelösten Fragen klären und die Schlussredaktion des Koalitionsvertrags bis Ende November erstellen soll. Und dann müssen die jeweiligen Parteigremien auch noch zustimmen.

Das von SPD, Grünen und FDP im Vorfeld ausgehandelte Sondierungspapier – lt. Robert Habeck das Vorspiel – hat schon mal, wenig sexy, einigen Wahlkampfversprechen den Stecker gezogen: Kein Tempolimit, keine Steuererhöhung für Reiche, keine Lockerung der Schuldenbremse, Ausstieg aus der Kohle „idealerweise bis 2030“, kein Abzug der Atomraketen aus Deutschland (ok, das hat auch keine der drei Parteien gefordert, leider). Vieles, was im Sondierungspapier noch vage Absichtserklärung und eher Beschwörungsformel war – „Es geht um unser Land, nicht um die Profilierung einzelner Akteure. Wir sehen keine kleinen und großen Parteien, sondern gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe“  wird wohl nun an der harten Realität parteipolitischer, persönlicher und ideologischer Grabenkämpfe zerbröseln.

Cartoon von Peter Gaymann

Und was heißt denn schon „auf Augenhöhe“? Dem Gegner in die Fresse hauen kann man am besten auf Augenhöhe. Es erinnert mich zudem an ein Kinderlied in spanischer Sprache (Un enano y un gigante se encontraron una vez). Es handelt davon, dass sich ein Zwerg und ein Riese treffen und zunächst sehr freundlich miteinander umgehen. Sie versuchen Augenhöhe herzustellen. Der Riese beugt sich zum Zwerg hinab, der Zwerg reckt sich auf den Zehenspitzen nach oben. Aber nach ein paar Tagen ist es mit den Freundlichkeiten vorbei. Dem Riesen schmerzt der Rücken, dem Zwerg die Fußspitzen. Ungleiche Freundschaften enden meisten so…“ Soweit das Lied.

Nun handelt es sich bei den drei Ampelkoalitionären nicht um Zwerge oder Riesen. Aber auch nicht um Freunde oder gleichberechtigte Partner. Sondern um Parteien mit unterschiedlichen Interessen und Programmen, die ein Zweckbündnis eingehen. Über die Gemeinsamkeiten und Schnittmengen, die es zweifellos gibt, müssen wir hier nicht reden. Wie groß der kleinste gemeinsame Nenner am Ende sein wird, steht dann im Koalitionsvertrag. Hoffentlich wird es kein Papier der Enttäuschungen und Mutlosigkeiten. Wäre es nicht viel einfacher gewesen, man hätte, statt 300 Expertinnen und Experten wochenlang Papiere ausbrüten zu lassen, mich gefragt, was dieses Land in den nächsten Jahren braucht, nämlich:

  • Konkrete und wirksame Maßnahmen zur Reduzierung des C02-Ausstoßes und zum Kampf gegen den Klimawandel
  • Kürzung der Ausgaben für Rüstung und Militär
  • stattdessen bessere Bezahlung für Erzieherinnen, Pflegekräfte (und Blogger wie mich)
  • Abschaffung von Steuerbegünstigungen für Dienstwagen, Flugbenzin und andere klimaschädliche Subventionen
  • Ausbau des ÖPNV insbesondere in ländlichen Regionen
  • Höhere Besteuerung von großen Vermögen
  • Wahlrechtsreform und Verkleinerung des nächsten Bundestages
  • Keine Steuergelder für die Desiderius-Erasmus-Stiftung der AFD
  • Bafög unabhängig vom Elterneinkommen
  • Verbot der Massentierhaltung

und noch vieles mehr. Aber mich fragt ja wieder mal keiner. Dabei wäre ich durchaus bereit, auf frühere Forderungen zu verzichten, wie etwa: Keine neuen Atomraketen, bevor die alten nicht verbraucht sind, oder: Tempolimit für Bobbycars in Innenstädten und: Umbau der Ostseepipeline Nordstream II zu einer Fun-Rodelbahn.