Wählen gehen – aber richtig!

2024 wird in den USA ein neuer Präsident gewählt, und ich selbst kandidiere – nein, nicht gegen Trump, sondern in meiner Wohngemeinde für den Gemeinderat. Parallelen zwischen beiden Ereignissen zu ziehen, etwa hinsichtlich ihrer historischen und globalpolitischen Bedeutung, verbiete ich mir an dieser Stelle. Hervorheben möchte ich jedoch die Unterschiede: Gegen mich gibt es keine laufenden Strafverfahren, außer einem drohenden Bußgeld wegen Falschparkens (mit dem halben Vorderreifen auf dem Gehweg) und einer anonymen Anzeige gegen meinen Hund wegen unerlaubten Bellens während der mittäglichen Ruhezeit. In beiden Fällen habe ich – wozu hat man schließlich eine Rechtsschutzversicherung – die Anwälte meines Vertrauens damit beauftragt, Widerspruch einzulegen und nötigenfalls durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof zu klagen. Da bin ich wieder ganz bei Trump.

Aber wir waren ja beim Thema Wahlen. Solche wird es 2024 für das EU-Parlament geben und für die Landtage von Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Berlin darf am 11. Februar nochmal üben, wie richtig wählen geht (Teilwiederholungswahl für den Bundestag). Es wird also spannend. Wird Berlin es dieses Mal schaffen, genügend Wahlzettel zu drucken? Werde ich mehr Stimmen bekommen als mein Blog Follower hat? Wird Donald Trump seine Amtseinführung in Handschellen zelebrieren? Wird die AfD in den drei Bundesländern die meisten Wählerstimmen bekommen? Wird Björn Höcke Ministerpräsident und 2025 vielleicht sogar Bundeskanzler? OMG!!! Und was wird Agnes Strack-Zimmermann dazu sagen – falls sie bis dahin nicht nach Brüssel weggewählt ist?

Ich schließe mich dem Nachrichtensprecher der ARD-Tagesthemen Ingo Zamperoni an und schließe mit: „Bleiben Sie zuversichtlich“. Fällt allerdings schwer angesichts der erwartbaren Ergebnisse im „Superwahljahr“. Besser wäre wohl zu sagen: „Geht wählen – aber richtig!“


Die (rechtsextremen) Gedanken sind frei, wer kann sie verbieten?

Ich bin auf der Suche nach meinem ganz persönlichen Beitrag zur Eindämmung des Rechtsextremismus. Zu einem Konzert „Rock gegen Rechts“ gehen? Einen flammenden  Beitrag mit der Überschrift „Blog gegen Rechts“ schreiben? Liest ja eh keiner (ja, ok, Du bist eine Ausnahme!). Wie kann ich überzeugend nachweisen, dass ich mich knallhart gegen Rechtsextremismus abgrenze? Petitionen zum Verbot der AfD oder gegen Adolf Höcke unterschreiben, mit den Opas gegen Rechts Fahnen auf Demos schwenken, „Braun-schweig““-Tshirts tragen, aber keinesfalls braune Socken oder blaue Unterhosen? In diesen Tagen herrscht Bekenntnishochkonjunktur. Alle wollen auf die braune Gefahr für unsere Demokratie hinweisen. Das ist nicht falsch. Aber mal ehrlich: Das wahre Gesicht der AfD ist doch nicht erst bei dem kürzlichen Potsdamer Treffen ans Licht gekommen! Waren übrigens, das wollen wir doch nicht unter den braunen Teppich kehren, auch ein paar CDUler dabei.

Soll man also die AfD verbieten? Oder Höcke entmannen? Kann damit dem Rechtsextremismus Einhalt geboten werden? Ich lese von Studien, die besagen, dass nicht alle AfD-Wähler Rechtsextremisten sind. Aber: Auch Nicht-AfD-Wähler können ganz schön rechtextrem gestrickt sein, wie diese – aus meiner Sicht äußert beunruhigende – Grafik (Umfrage der ARD) zeigt:

Noch haben wir keine Verhältnisse wie in den USA, wo ein Mann, der sich offen zur Diktatur bekennt, gute Aussichten hat, Präsident zu werden. Für Entwarnung nach dem Motto: Bei uns doch nicht! ist allerdings kein Anlass.  


Pinkelanschlag auf die Polizei

In Freiburg hat ein Mann gegen ein Polizeiauto uriniert. Darüber hat die Badische Zeitung berichtet. Ob dieser Handlung eine demonstrative, möglicherweise verfassungsfeindliche Motivation (Ablehnung der Staatsgewalt) zugrunde lag oder lediglich starker Harndrang oder beides – wir wissen es nicht. Jedenfalls fühlte sich die Polizei ziemlich angepisst. Zumal die gezielt gegen die staatliche Autorität gerichtete öffentliche Blasenentleerung erfolgte, nachdem die Polizei den Mann wegen eines Ladendiebstahls verhört hatte. Damit aber noch nicht genug: Der marrokanische (!) Staatsangehörige hatte, während die Polizei seine Personalien wegen des gerade begangenen Ladendiebstahl aufnahm, gleich ein zweites Mal ins Regal gegriffen. Man brachte ihn daraufhin zu polizeilichen Maßnahmen (??) aufs Revier. Dort entlassen, kam es zu dem Pinkelanschlag auf das vor dem Revier abgestellte Polizeifahrzeug.

Juristen werden sich mit der Frage beschäftigen müssen, ob es sich hier um eine Straftat handelt. Der Fall ist im Strafgesetzbuch nicht explizit geregelt. Auf der Internetseite: www.Frag-einen-Anwalt.de erfährt man dazu folgendes: „Das Urinieren auf einen Polizeiwagen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Eine Sachbeschädigung liegt nicht vor, wenn der Urin abgewaschen werden kann und keine bleibenden Schäden verursacht hat.

Wie die Badische Zeitung erfahren haben will, werde sich das Anpinkeln des Polizeifahrzeugs „strafverschärfend“ auswirken. Warum ich auf den ersten flüchtigen Blick „strahlverstärkend“ las, muss ich demnächst meinen Therapeuten fragen. Ob im vorliegenden Fall bleibende Schäden am Polizeifahrzeug entstanden sind, kann vermutlich nur durch ein Gutachten der DVSUSP (Deutsche Vereinigung der Sachverständigen und Sachverständiginnen für durch Urinieren verursachte Sachbeschädigungen an Polizeifahrzeugen) ermittelt werden. Auf das Urteil darf man gespannt sein.    


Keine Sklaven gesehen: Franz Beckenbauer ist tot.

De mortius nihil nisi bene: Schaun mer mal. Die Medien triefen vor überschwänglichen Nachrufen auf den gestern verstorbenen Beckenbauer. Ein Highlight: Das Tagesthemen-Interview mit Markus Hörwick, ehemaliger Kommunikationsdirektor des FC Bayern München („Seine Menschlichkeit war unglaublich“).

Der Heiligsprechung dürfte nichts mehr im Wege stehen. Die Fußballnation, die FIFA-Mafia, die geldgierigen Funktionäre des FC Bayern München, die Ölscheichs um den Persischen Golf, der Verband russischer Gasproduzenten – sie alle trauern um Franz Beckenbauer. Der Kaiser, die Lichtgestalt, der begnadete Ball- und Schmiergeldjongleur, Lieblingspromi der Bildzeitung, ist tot. Man wird ihm wohl ein Denkmal setzen müssen. Schließlich rechnen wir ihm sein ehremamtliches Engagement im Organisationskomitee für die WM 2006 hoch an, für das er nur eine bescheidene Aufwandsentschädigung von 5,5 Millionen Euro erhalten hat. Mein Vorschlag für die Inschrift auf dem Denkmalsockel: „Hier stehe ich und kann mich nicht an schwarze Kassen erinnern. Und in Qatar habe ich nicht einen einzigen Sklaven gesehen“.


Dreikönigstag: Drei Weise und Drei Weiße auf der Suche nach dem Erlöser

Kaspar, Melchior und Balthasar: Drei Weise aus dem Morgenland, auch als Heilige Drei Könige verehrt: Sie folgten der biblischen Erzählung nach dem Stern, der sie nach Bethlehem zum neugeborenen Jesus führte, dem sie ihre Geschenke Weihrauch, Gold und Myrrhe überbrachten.

Robert, Olaf und Christian: Drei Weiße aus dem Abendland auf der Suche nach verlustig gegangenen 60 Milliarden Euro, die den deutschen Steuerzahlern als Geschenk zugedacht waren. Ob die Sterne (im Hintergrund) den richtigen Weg weisen?


Rechte Volksfront: Neue Parteien, die das Land nicht braucht

Eine neue Seuche durchwabert das Land: Die Parteigründeritis. Warum bloß  werden dauern neue Parteien gegründet? Bernd Lucke hat es getan („Wir Bürger“), Steffen Große hat es getan („Bündnis Deutschland – für Freiheit, Wohlstand, Sicherheit“), Sahra Wagenknecht tut es demnächst mit ihrem links-konservativen „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“. Und jetzt auch noch Hans-Georg Maaßen: der Ex-Verfassungsschutzpräsident mit AfD-Gesinnung, dem die CDU zu links ist, plant nach eigenem Bekunden die Gründung einer Partei.

(Quelle: Patrick Pleul / dpa)

Die rotzkonservative Werteunion, der Maaßen vorsteht, ist irgendwie gegen Flüchtlinge, gegen Gendern, gegen Corona, gegen Klima, gegen Lügenpresse und gegen die links-grün versiffte CDU unter Merz. Maaßen kann sich, wie er in Interviews verlauten lässt, auch eine Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen. Höcke und Maaßen Hand in Hand mit Siegerpose am Wahlabend in Thüringen? Vielleicht mit Koalitionsangebot an das Bündnis Sahra Wagenknecht?

Wer aber soll diese rechte Volksfront stoppen? Etwa die Linken oder die Grünen? Die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ wird ja gerne vom bajuwarischen Leberkäsapostel Markus Söder oder von Krawallpolitikern wie Hubert Aiwanger als Verbotspartei denunziert.

Diesen Titel tragen die Grünen zu Unrecht. Für eine wahrhaftige Verbotspartei fehlt ihnen einfach der Mumm und die Zivilcourage. Eine Verbotspartei, wie sie mir vorschwebt und für die ich mich schon mal als Kanzlerkandidat bewerbe, müsste – für den Fall, dass sie die Regierung bildet – mal so richtig in den Instrumentenkasten der Verbote reinlangen und per Gesetz zum Beispiel verbieten:

  • Kleinkinder mit dem Hausfrauenpanzer in die Kita fahren
  • Fenster von Bussen und Straßenbahnen mit Werbefolien zukleben
  • die Seuche, zu jedem Pups zu einer Bewertung aufgefordert zu werden
  • Radiogedudel in Frühstücksräumen von Hotels
  • „Herzlichen Glückwunsch Sie haben gewonnen“-Anrufe
  • Auftritte von Dieter Nuhr, Helene Fischer und Florian Silbereisen im Öffentlich-rechtlichen Fernsehen
  • Künstlichen Rennwagensound in Kleinst-PKWs einbauen
  • Usw.

Jedenfalls wäre damit schon mal ein Anfang gemacht. Und, nicht zu vergessen: Die Neugründung überflüssiger rechter Parteien verbieten. Ok, das riecht jetzt gewaltig nach Abschaffung der Demokratie und des Rechtsstaats, aber solange die richtigen Sachen verboten werden, kann man doch mal ein Auge zudrücken, oder? Hat das nicht Platon auch schon so ähnlich gemeint?


Hoffnungen zum Jahreswechsel: Erwarten wir getrost, was kommen mag

Man muss sie nicht mögen, auch wenn sie zum offenbar unverzichtbaren Brauchtum und Ritual unserer Wohlstandsgesellschaft gehören: Die lauten, alkoholgeschwängerten Feiern zum Jahreswechsel mit Silvesterknallerei, die ausgelassenen Geselligkeiten im Familien- oder Freundeskreis, die immer gleichen glitzerbunten, mit gutgelaunten Stars und schönen Sternchen besetzten Fernsehgalas mit ihrem seichten Schlagergedudel und kitschtriefenden Kinderchören, die Massenpartys auf öffentlichen Straßen und Plätzen – letztere zunehmend begleitet von Gewaltexzessen, Angriffen auf Polizei und Ordnungskräfte, sexuellen Übergriffen und Sachbeschädigungen.

Geht es eigentlich auch anders? Wäre es nicht angebracht, gerade im Rückblick auf das vergangene Jahr und auf den Zustand dieser Welt mit noch mehr Kriegen und Gewaltkonflikten, mit weltweit wieder zunehmender Armut und steigenden Flüchtlingszahlen, mit ungebremstem Klimawandel und Zerstörung von Natur und Umwelt, mit steigenden Zustimmungswerten rechter Parteien – wäre es da nicht angebracht, innezuhalten, still zu werden und, zusammen mit Familie, engen Freunden, Nachbarn das neue Jahr mit einem nachdenklichen Text oder einem Lied zu begrüßen? Ja, das klingt nach Spaßbremse, meinetwegen. Natürlich darf man ausgelassen feiern, wenn einem danach zumute ist. Mir war dieses Jahr eher nicht danach zumute.  

Ein Lied, das sich wie kaum ein anderes eignet, auf stille und nachdenkliche Weise den Jahreswechsel zu begehen, ist „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Text und Melodie kann man unter diesem Link finden.

Der Text wurde von dem Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer in der Gestapohaft im Dezember 1944 verfasst, wenige Wochen vor seiner Hinrichtung durch die Nazis. Er ist Teil eines Briefes vom 19.12.1944 an seine Braut Maria von Wedemeyer[1]. Man kann aus den Zeilen schließen, dass Bonhoeffer sein Schicksal erahnte, als er dichtete: „Und reichst du uns den schweren Kelch den bittern, des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand…“ Trotz allem ist der Text von großem Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft geprägt.

In diesem Sinne und „von guten Mächten wunderbar geborgen“, wünsche ich den Leserinnen und Lesern meines Blogs ein frohes Neues Jahr. Ich freue mich, wenn Sie meinem Blog weiterhin treu bleiben.


[1] Brautbriefe Zelle 92. Dietrich Bonhoeffer, Maria von Wedemeyer, 1943 – 1945. Hrsg. von Ruth-Alice von Bismarck und Ulrich Kabitz, C.H. Beck München 1995, S. 209