Hubert Aiwanger: Kämpfer für Demokratie, Schweinsbraten und freie Heizungswahl

Am 8. Oktober wird ein Bayern ein neuer Landtag gewählt. Der amtierende Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Adlatus Hubert Aiwanger (Freie Wähler) möchten wohl gerne weiterregieren. Beim Buhlen um die Gunst der Wähler*innen ist ihnen offenbar kein Argument zu dämlich. Der Aiwanger Hubert zum Beispiel, bayrischer Wirtschaftsminister und Stellvertreter von Söder, wie dieser bekennender Schweinsbratenesser und Autofahrer, müsste für seinen breiten bayrischen Dialekt eigentlich einen Waffenschein beantragen.

Obwohl: Ich höre ihm gerne zu, dem Hubert, weil das strunzdumme Zeug, das er von sich gibt, wenigstens mehr Folklore in die Politik bringt, als wir es von Berlin gewöhnt sind. Beispiele gefällig?

Unsere Jugend „muaß Haiser baun, muaß Kindr kriagn“, anstatt sich auf die Straße zu kleben. Oder: Ihr in Berlin „habts wohl den Arsch offen da oben“ (dabei ist der Arsch doch eher unten?). Der eigentliche Knaller seiner Rede in Erding, über den sich jetzt alle aufregen (nur die AfD applaudiert), war „die schweigende große Mehrheit dieses Landes müsse sich die Demokratie wieder zurückholen“. Dahinter steckt im Grunde die gleiche Denke wie die eines Donald Trump, der zum Sturm auf das Kapitol aufruft.

Wer es sich antun möchte und das prollige Gegröhle von Aiwanger in voller 15minütiger Länge anhören will, bitteschön:

Und hier die Stellungnahme von Markus Söder zur umstrittenen Rede seines Stellvertreters:


Die Causa Asseburg: „Ich habe kein Israel-Bashing betrieben“

Im letzten Blogbeitrag haben wir über die massiven Angriffe gegen Muriel Asseburg berichtet. Nun begründet die attaktierte Mitarbeiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik in einem längeren Spiegel-Interview vom 13. Juli ihre Aussagen in dem umstrittenen Interview. Ihr Fazit: „Ich bereue nichts“. Es bleibt leider nicht bei einer publizistischen Hetzjagd gegen die Wissenschaftlerin. In Tel Aviv, wo sich Frau Asseburg derzeit aufhält, wurde sie von Aktivisten der rechtsgerichteten israelischen Organisation »Im Tirtzu« abgefangen, gefilmt und unter anderem als »antisemitische Hexe« beschimpft, wie der Spiegel schreibt. 

Hier das gestern erschiene Spiegel-Interview: „Ich habe kein Israel-Bashing betrieben“

PS: Falls der Spiegel-Beitrag nicht über diesen Link zu öffnen ist, einfach im Browser angeben: Spiegel – Asseburg


Nahost-Konflikt: Mit der Antisemitismuskeule gegen einen kritischen Diskurs

Man kennt das: Kritik an israelischer Politik wird gerne mit dem Totschlagargument des Antisemitismus überschrien. Jetzt hat es die Politikwissenschaftlerin Muriel Asseburg voll erwischt. Die ausgewiesene Nahost-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik hat in einem langen Interview bei Jung & Naiv https://www.youtube.com/watch?v=333rt6aUVnE Antwort gegeben auf viele knifflige Fragen zu ihrem Hauptarbeitsgebiet Nahost-Konflikt. Und nun erlebt sie einen veritablen Shitstorm mit allerlei krassen Vorwürfen, darunter auch von der israelischen Botschaft, wie Verharmlosung von Terror, Diffamierung Israels als „Apartheitstaat“ bis hin zu „antisemitischer Dreck“ – ein Vorwurf, den Asseburg besonders verletzend findet.  

Muriel Asseburg ist eine kompetente und sachlich argumentierende Wissenschaftlerin, deren Expertise Gewicht im Nahost-Diskurs hat. Man kann, wenn man denn will, ihre differenzierten Positionen in ihren Publikationen nachlesen, zum Beispiel „Palästina und die Palästinenser. Eine Geschichte von der Nakba bis zur Gegenwart“ (C.H. Beck, München 2021). Oder sich die Mühe machen, das ganze Interview in seiner vollen Länge von fast drei Stunden zu hören (lohnt sich!).

Aber bei den heftigen Reaktionen geht es wohl nicht um die Sache, wie Lea Frehse in Zeit-online vom 08. Juli feststellt, sondern darum, kritische Stimmen wie die ihre zum Schweigen zu bringen. Jürgen Kaube polemisiert auf FAZ.net gegen Asseburg und wirft ihr „multiple Analogitis“ vor, weil sie angeblich den Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine mit dem Verhalten Israels gegenüber den Palästinenser gleichsetzt. Das ist aber eine üble Unterstellung und Verdrehung dessen, was Asseburg versucht hat zu erklären.  

Dazu die SWP, Asseburgs Arbeitgeberin, auf Twitter: „Muriel Asseburg ist eine ausgewiesene und angesehene Nahost-Expertin. Die aktuellen Unterstellungen und persönlichen Diffamierungen weisen wir zurück. Wir unterstützen unsere langjährige Kollegin vorbehaltlos und erwarten Respekt und Höflichkeit im Umgang.“


Ukraine will verbotene Streumunition einsetzen. Bundesregierung zeigt Verständnis. Ich nicht.

Aktuelle Berichte besagen, dass die USA der Ukraine auf deren Wunsch Streumunition liefern wollen. Streubomben sind international geächtet. Ihr Einsatz ist nach dem Völkerrecht verboten. 2010 wurde das Übereinkommen über Streumunition abgeschlossen, das den Einsatz, die Herstellung und die Weitergabe von Streumunition verbietet. Der Grund: Diese Bomben explodieren nicht als Ganzes, sondern es handelt sich um eine Vielzahl an kleinen Sprengkörpern, von denen ein großer Teil als Blindgänger zurückbleibt und eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellt. Die Bundesregierung hat das Abkommen, zusammen mit 110 Staaten, unterzeichnet. Die USA und die Ukraine haben nicht unterzeichnet.

Jetzt hören wir zu unserem Entsetzen: Die Bundesregierung hat „Verständnis für eine Lieferung durch die Vereinigten Staaten“ – so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Wir sind uns sicher, dass sich unsere US-Freunde die Entscheidung über eine Lieferung entsprechender Munition nicht leicht gemacht haben“, so Hebestreit. Und er setzt noch eins drauf: „Die Ukraine setzt eine Munition zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung ein. Es geht um einen Einsatz durch die eigene Regierung zur Befreiung des eigenen Territoriums“, sagte der Regierungssprecher. „Wir sollten uns also auch noch mal vergegenwärtigen, dass Russland in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits in großem Umfang Streumunition eingesetzt hat.“ Hatten wir nicht das Assad-Regime für den Einsatz von Streubomben in Syrien auf das Schärfste verurteilt?

Man kann ja zu Waffenlieferungen an die Ukraine unterschiedlicher Meinung sein. Aber hier hört das Verständnis und die Solidarität mit der Ukraine auf. Ich erwarte von meiner Regierung eine klare Distanzierung. Solidarität mit der Ukraine ja, Einsatz von völkerrechtswidrigen Waffen nein! Sonst könnt Ihr eure feministische Außenpolitik endgültig in die Tonne treten!


Mein Sensitivity Reader meint: Du schreibst nicht woke genug!

Ich bin zerknirscht. Jetzt habe ich es quasi amtlich: Meine Texte sind nicht woke genug. Immer wieder entfleuchen mir verletzende oder missverständliche Darstellungen und Ausdrucksweisen oder Mikroaggressionen. Das hat mir mein Sensitivity Reader bescheinigt. Zuletzt habe ich pauschal von den „lieben Ossis“ gesprochen. Das ist diskriminierend und geht gar nicht. Auch achte ich nicht genug auf eine gendersensible Sprache. Ganz zu schweigen von Wörtern wie N****, Schw***, Ind****, usw. Ich kann mir allerdings nicht, wie es die großen Verlage tun, einen festangestellten Sensitivity Reader leisten. Auf der Website https://sensitivity-reading.de/ wird eine entsprechende Dienstleistung ehrenamtlich, also gegen Spende, angeboten, von „Elif und Victoria, zwei Women of Color, die sich für eine authentischere Repräsentation von marginalisierten Menschen einsetzen“ (wer möchte das nicht). Auf der Seite heißt es: „Was ist eine authentische Darstellung und wie findet man heraus, ob sich nicht unabsichtlich abwertende Beschreibungen wie Mikroaggressionen in den Text geschlichen haben?“ Dazu muss ich bekennen: Bei mir schleichen sich keine Aggressionen in den Text ein, schon gar keine Mikro! Und abwertende Beschreibungen erfolgen bei mir in der Regel in voller Absicht!

Aber vielleicht sollte ich Besserung geloben und mich um eine geschlechterbewusste und diskriminierungssensible Sprache bemühen. Dabei könnte zum Beispiel die Seite: https://www.aug.nrw/presse/schreibtipps/ helfen. Oder hat etwa Google schon längst eine App entwickelt, mit der ich meine Texte vor der Veröffentlichung einer Wokeness- und Diversity-Prüfung unterziehen kann? So ähnlich wie der Bla-Bla-Meter (Wie viel Bullshit steckt in Ihrem Text? Für Hinweise meiner geneigten Leser*innenschaft bin ich wie immer dankbar.