Immer mehr, immer fettere Autos

Kürzlich hat das Statistische Bundesamt die neuesten Zahlen zur Autodichte in Deutschland veröffentlicht: 580 PKW kommen danach auf 1000 Einwohner, und da sind ja Kinder und ältere Menschen mitgezählt. Vor zehn Jahren waren es noch schlappe 517 PKW pro tausend Menschen. 27 % der Haushalte haben zwei Autos (2011 waren es 23,4 %), drei Autos haben 6,1 % der Haushalte (2011 = 3,7 %). Der Klimawandel lässt grüßen!

Die PKW-Dichte pro Kopf (0,58 Bundesdurchschnitt) liegt in meinem Haushalt bei 0,5, was mir noch nicht eine moralisch überlegene Position verschafft, um über andere zu urteilen. Allerdings kommt meine weitere Familie (zehn Personen verteilt auf fünf Haushalte) auf einen Schnitt von 0,1 (danke, liebe Kinder und Enkel, dass ihr ohne Auto lebt!). Wer jetzt richtig mitgerechnet hat, weiß: Wir haben ein Auto, und dieses eine Auto ist ein Kleinwagen, in dem mit einigen Verrenkungen alle zehn Familienmitglieder Platz hätten, wenn auch nicht sehr bequem. Auf 0,1 oder meinetwegen 0,2 PKW-Dichte könnte man auch kommen, wenn sich mehrere Menschen ein Auto teilen. Offenbar tun das aber noch viel zu wenige, sonst kämen nicht die Zahlen zustande, die das Statistische Bundesamt ermittelte.

Und mal abgesehen von der Anzahl der Fahrzeuge pro Haushalt: Die Dinger werden ja immer größer und fetter! Ich bin jetzt zu faul, Statistiken dazu rauszusuchen, aber man muss sich ja bloß umschauen. Die tonnenschweren SUV-Citypanzer nehmen immer mehr zu und brauchen viel Platz, wenn sie rumstehen. Warum sie mich aggressiv machen, muss ich noch mit meinem Analytiker klären. Aber sie haben doch irgendwie eine aggressive Ausstrahlung, oder?  


Xi Jinping oder: Who is the new leader of China?

Xi Jinping ist der alte und neue chinesische Parteichef. Er wurde vom Parteikongress der KP einstimmig wiedergewählt. Ja so eine Überraschung aber auch! Genauso synchron wie die Frauen auf dem Kongress den Parteigenossen den Tee einschenkten, so synchron und untergeben folgten ihm nach seiner Wahl die sechs Parteimarionetten, die nun zum inneren Führungszirkel gehören – alles Männer, versteht sich.

Eine bemerkenswerte Vorstellung seines partizipativen Führungsstils lieferte Xi bei der Abschlussveranstaltung des KP-Kongresses: Mit sanfter Gewalt ließ er seinen Vorgänger im Amt Hu Jintao durch zwei Ordner aus dem Saal entfernen. Dabei hatte der, also Hu, wenigstens noch für lustige Verwirrungen im Weißen Haus gesorgt, als er 2003 zum neuen chinesischen Führer gewählt wurde. Als Condoleeza Rice dem damaligen amerikanischen Präsidenten George W. Bush berichtete, dass Hu der neue Regierungschef von China ist, kam es, wie aus stets gut unterrichteten Kreisen verlautete, zu folgendem Dialog:

Xi Jinping hat ob seines Namens vergleichbare Missverständnisse nicht zu fürchten. Der Mann schaut ja immer etwas sauertöpfig drein. Kein Wunder bei den Figuren, die zu seinem engsten Führungszirkel gehören. Hat er wenigstens eine nette Frau? Kinder? Einen Hund? Einen Hamster? Isst er lieber Pommes oder Fischstäbchen? Fragen über Fragen. Wir bleiben dran.


Silvio Berlusconi: Die Mumie kehrt zurück

Silvio Berlusconi, ehemaliger Staubsaugervertreter, Sänger auf Kreuzfahrtschiffen, Steuerbetrüger, Neofaschist, Freund der Mafia, verurteilter korrupter italienischer Ministerpräsident und Veranstalter von Sex-Parties mit minderjährigen Prostituierten (hammwer was vergessen? Egal) ist zurück, wenn auch nur in der zweiten Reihe der italienischen Neofaschisten. Was uns hier interessiert, ist nicht sein politisches Comeback und sein Sexualleben, sondern der Zustand seines Gesichtes.

Was ist passiert? Eingebautes Dauergrinsen hinter einer Latexmaske? Nein, das ist echt! Horror!!! Der Mann kann einem wirklich leidtun. So viel vergebliche Mühe, ein zerstörtes Konterfei aufzuhübschen! Das lässt sich auch mit einem Vermögen von mehreren Milliarden Euro nicht nachhaltig reparieren. Immerhin könnte er damit in jeder beliebigen Provinzgeisterbahn für Angst und Schrecken sorgen. Oder den Hauptdarsteller in der Neuverfilmung von „Die Mumie kehrt zurück“ spielen.

Deshalb mein Rat an alle, die eine Schönheits-OP in Erwägung ziehen: Überlegt euch die Sache gut. Es kann ziemlich schiefgehen.

Allerdings bleibt eine Frage unbeantwortet, die man sich schon bei Donald Trump stellte: Warum stehen (die, manche, gewisse, bescheuerte?) Frauen auf solche Typen? Liebe Frauen unter meinen Abonnentinnen, ich erwarte eine Erklärung!


Deutscher Buchpreis: Mehr Selbstinszenierung war nie

Der Schweizer Autor Kim de l´Horizon wurde gestern für seinen Debutroman „Blutbuch“ mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Er kann also offenbar gut schreiben. Mein Interesse, das Buch zu lesen, ist allerdings enden wollend. Warum? Weil der preisgekrönte Autor, außer gut schreiben, noch etwas mindestens genauso gut oder besser kann: Sich selbst gekonnt in Szene setzen. Dazu gehört das Bekenntnis, eine nicht-binäre Person zu sein, unterstrichen durch sein schrilles Outfit und die politisch gemeinte Botschaft bei der Preisverleihung: Ich schneide mir die Haare ab, weil ich ja so solidarisch mit den unterdrückten Frauen im Iran bin. Er sei eben ein Gesamtkunstwerk, so die Kommentare zu dieser Performance.

Nennt mich meinetwegen einen reaktionären, intoleranten, kunstbanausigen, rückwärtsgewandten alten Sack: Mich widert diese haraldglööcklereske  Selbstinszenierung an. Tut mir echt leid für die anderen auf der Shortlist Nominierten, die sicher auch gut schreiben können, vielleicht besser als der Preisträger, aber leider nicht genderfluid sind und keinen Rasierapparat zur Preisverleihung dabei hatten.   


Unfassbar. Es gibt keine kleinen Elefanten mehr

Heute ein unfassbar kleiner Beitrag aus der Serie „Vom Aussterben bedrohte Wörter“. Es gibt keine kleinen Elefanten mehr, nur noch unfassbar große. Wo früher ein simples „sehr“ gereicht hat, um zum Ausdruck zu bringen, dass etwas etwa „sehr groß“, „sehr schön“ oder auch nur „sehr merkwürdig“ ist, muss heute das unfassbar oft gebrauchte „unfassbar“ her.

Wo es durchaus passen würde: Bei der Beschreibung der Größe des Universums oder der Überheblichkeit von Donald Trump. Zugegeben, es gibt schlimmere Verhunzungen der deutschen Sprache, aber mir geht das ständige „unfassbar“ sehr auf den Zeiger. Wie wäre es stattdessen mit „säuisch“? Ein säuisch großer Elefant wäre ja auch schon groß, aber fassbar groß, oder?


Wie marode ist dieses Land eigentlich?

Nein, gemeint sind dieses Mal nicht die Politik, nicht der Deutsche Fußballbund, nicht die dekadenten Superreichen, nicht der Bundesverband der Deutschen Geflügelwirtschaft. Gemeint ist die öffentliche Infrastruktur: Straßen, Gebäude, Brücken, Schulen, Universitäten, die Bahn. Auf die Bundesbahn schimpfen ist Volkssport. Daran beteiligen sich viele. Gerne auch diejenigen, die nie damit fahren. Überzeugte Bahnfahrer wie ich glauben immer noch an das Gute und träumen von den Zeiten, als die Bahn noch öffentlicher Dienst war und bräsige Beamte, anstatt Fahrscheine zu kontrollieren, lieber ihre mitgebrachte Stulle verzehrten und ab und zu einen Fahrgast anraunzten. Damals konnte jemand wie ich, der als Student kein Geld hatte, noch sorglos schwarzfahren. Apropos Stulle:  Heute, am Frühstückstisch, stand ich vor der Frage: Nehme ich das Auto oder die Bahn? Ich hatte einen Termin in Baden-Baden. In der letzten Zeit hatte ich die Bahn als recht unzuverlässig erlebt. Verspätungen, ausgefallene Züge, letzte Verbindung weg. Trotzdem fiel die Entscheidung für die Bahn. Ich fand einen Zug, mit dem ich 30 Minuten vor Beginn meines Termins hätte zur Stelle sein können. Passt. Weil die Busverbindung von meinem Wohnort zum Bahnhof Freiburg nicht genau passte, musste ich eine halbe Stunde leere Zeit am Bahnhof in Kauf nehmen. Bahnhöfe sind keine erbaulichen Orte. Man sitzt dann am zugigen Bahnsteig und starrt nervös auf die Anzeige. Bis zehn Minuten vor Abfahrt war alles gut. Dann: 30 Minuten Verspätung. Dazu die mündliche Ansage: Grund ist eine Reparatur am Zug. Telefonische Info an meinen Terminpartner: Ich komme 10 Minuten später. Kurz darauf eine neue Ansage: Der Zug hat 40 Minuten Verspätung. Gleicher Grund. Man wartet geduldig mit steigendem Zorn. Dann erneute Ansage: Der Zug hat 50 Minuten Verspätung. Ob das irgendwann aufhört? Schließlich kam der Zug, ob repariert oder nicht, wurde den Reisenden nicht mitgeteilt, aber er verließ Freiburg mit 54 Minuten Verspätung. Der Speisewagen war übrigens geschlossen wegen fehlendem Servicepersonal. Was die Bahn aber supertoll hinkriegt: Im Minutentakt Kurznachrichten über Verspätungen und verpasste Anschlüsse meiner gebuchten Verbindung.

Für die Rückreise war ein Zug um 14:05 h angepeilt. Der hatte nur 10 Minuten Verspätung. Grund: Reparatur am Zug. Man macht sich dann schon so seine Gedanken, in welch prekärem Zustand die hochmodernen ICEs der Bahn wohl so ganz allgemein sein mögen. Neulich engleiste ein Zug, weil die Betonschwellen marode waren. Und wer, anstatt in sein Smartphone zu glotzen, während der Bahnfahrt den Blick nach draußen schweifen lässt, dem tun sich grauslige Bilder auf von verrosteten Signalen und Weichen, verrotteten Gleisanlagen, stillgelegten Bahnhöfen, und immer mit viel Müll im Gelände.

Die Verkehrsminister der letzten Jahrzehnte haben dem Straßenverkehr den Vorrang gegeben (Der letzte, Andreas Scheuer, war beliebt wegen seines folkloristischen Unterhaltungswerts). Aber auch bei Straßen und Brücken gibt es einen hohen Sanierungsbedarf: „In Deutschland gibt es mehr marode Brücken als bislang angenommen.“ Quelle? Egal. Wird schon was dran sein.

Und dann die Schulen, Kindergärten, Universitäten. Ca. 400 Unis gibt es in Deutschland, und viele davon sind dringend sanierungsbedürftig. Undichte Dächer und Fenster, Asbest, fehlende Steckdosen für die Laptops der Studierenden, energetisch absolut untragbar. Bei den Schulen sind es die kaputten Toiletten, die Fenster, die Gebäudeisolierung, der allgemeine desolate Zustand der Gebäude.

Reicht das für eine erste Bestandsaufnahme? Was also ist los in diesem Land, wo selbst die Bundeswehr nicht genug Unterhosen hat, vom untauglichen militärischen Gerät mal ganz zu schweigen?

Ja gut, es gibt natürlich auch die andere Seite. Die Wachstumsbranchen wie Amazon, Google, Porsche, Tesla, und wie sie alle heißen. Die mit den glänzenden Bürotürmen in den Bankenvierteln, den modernen Produktionsstätten des Tesla oder der Pharmaindustrie, die megacoolen Startups mit neuen Produkten und Dienstleistungen, die kein Schwein braucht – da geht das Geld hin. Die öffentlichen Unternehmen, Einrichtungen, Dienste bleiben auf der Strecke. Dafür fehlt der öffentlichen Hand das Geld. Insofern dann doch wieder Regierungsschelte. Ich gehe davon aus, dass von diesem Blogbeitrag entscheidende Impulse für ein Umsteuern ausgehen.


Vox populi, vox Rindvieh. Oder: Ist die Demokratie am Ende?

Die letzten europäischen Wahlen zeigen: Konservative und rechtsradikale Parteien und Bewegungen sind auf dem Vormarsch. Zuletzt die Wahlsiege der Fratelli d´Italia mit Georgia Meloni in Italien (mit Unterstützung von Mateo Salvini und Silvio Berlusconi) und der rechtspopulistischen Schwedendemokraten. Relativ knapp hat die ultrarechte Front National mit Marie Le Pen die Wahlen in Frankreich verloren, gegen einen Präsidenten, der alles andere als links ist. Polen und Ungarn werden schon lange rechts regiert. Auch Großbritannien hat mit Liz Truss eine verlässliche Nachfolgerin des konservativen Boris Johnson. Allen genannten Staatschef*innen gemeinsam ist, dass sie ihre Legitimation aus demokratischen Wahlen beziehen.

Das trifft auch für den türkischen Präsidenten und dauerbeleidigten Bosporos-Ayatollah Recep Erdoğan zu. Der „lupenreine Demokrat“ Putin lässt sich zwar auch seit 2000 regelmäßig wählen, zuletzt 2018 mit einem Ergebnis von 76,6 Prozent. Angesichts zahlreicher Wahlmanipulationen, Unterdrückung und Verfolgung der Opposition, Verbot kritischer Medien usw. ist die Aussagekraft des Wahlergebnisses doch sehr fraglich. Trotzdem darf auch in seinem Falle von einer hohen Zustimmung in der russischen Bevölkerung ausgegangen werden.

Morgen wird in Brasilien gewählt. Der Amtsinhaber und rechtsextreme Jair Bolsonaro tritt wieder an. Egal, wie die Wahl ausgeht, für Bolsonaro ist klar: Sollte er die Wahl verlieren, kann es sich nur um Wahlbetrug handeln. Nur Gott könne ihn, so Bolsonaro, aus dem Amt berufen. Außerdem brüstet er sich mit seiner sexuellen Potenz, seiner unverhohlenen Sympathie für die Militärdiktatur und dass es Frauen gibt, die es nicht wert sind, von ihm vergewaltigt zu werden. Kommt einem irgendwie bekannt vor. Unterstützung erhält Bolsonaro u.a. von der einflussreichen evangelikalen Sekte „Assembleia de Deus Vitória em Cristo“ und vom prominenten Fussballer Neymar. Man fragt sich, wie ein Mensch mit solchen Ansichten und Charaktereigenschaften Staatspräsident werden kann. Er kann, weil er gewählt wurde. Der Hinweis sei erlaubt, dass auch Adolf Hitler aufgrund einer demokratischen Wahl an die Macht kam.

Ist also das demokratische Prinzip, wonach die Mehrheit, die vox populi, entscheidet, wer über den Staat herrschen soll, richtig? Schon Platon hat vor 2400 Jahren diese Frage gestellt und gemeint, dass die Philosophen, also die gebildeten Menschen, die Besten, die die die Idee des Guten erkannt haben und demnach richtig handeln, den Staat regieren sollen. Die Mehrheit kann schließlich irren.

Wäre es daher nicht naheliegend, analog zum PKW-Führerschein einen „Staatslenker-  Führerschein“ einzuführen, eine Prüfung also, wer für die Führung eines Staates fachlich und charakterlich geeignet ist und wer nicht. Der Fragenkatalog dazu müsste noch entwickelt werden. Ideen dafür hätte ich schon.

Aber vielleicht warten wir mal ab, ob Bolsonaro morgen von Gott abberufen wird.