Aufruf „Frieden ist möglich!“ und die Reaktionen darauf

Auf den am 18. März in der Badischen Zeitung (BZ) veröffentlichten, mit 70 Unterschriften versehenen Aufruf: „Frieden ist möglich! Europa braucht eine neue Sicherheitsarchitektur“, gab es keine einzige Leserzuschrift an die BZ, jedenfalls keine veröffentlichte. Per Mail erreichten mich einige Reaktionen, aus denen ich hier auszugsweise zitiere:

H. in einer Mail an die BZ: „Auf Seite 30 der heutigen BZ erschien – unterlegt mit den Nationalfarben der Ukraine –  ein durch-und-durch durchdachter Text und Apell zu Solidarität und Friedensordnung: Allerdings nur als bezahlte Anzeige, bezahlt und namentlich unterzeichnet von 65 Personen aus der Bürgerschaft. Die BZ-Redaktion fügt eine Spitzenleistung hinzu: Nachdem die BZ nun jahrein/jahraus auf die jetzige Katastrophe hingeschrieben hat, muß sie dieser Anzeige eine Distanzierung zwanghaft voranstellen: In einem kleinst-gedruckten Vorspann verschiebt sie diesen Apell in die Kategorie „Wahlwerbung“ und behält sich „eine Ablehnung der Veröffentlichung … vor„. Geht es … erbärmlicher?

fragt als treuer BZ-Leser H.

Ein Freund, der die Anzeige nicht unterzeichnet hat, schreibt: „Solange Russland sich nicht vom jetzigen Präsidenten lösen kann/wird, sind alle Vereinbarungen mit Russland m.E. leider das Papier nicht wert. Die jetzige Regierung versteht nur absolute Härte, wobei auch ich nicht für ein aktives Eingreifen der Nato bin. Gut, dass wir uns militärisch wieder stärken und hier müssen wir vor allem effizienter werden (moderne Waffen, schnelle Reaktionszeiten …). Gott sei Dank, dass wir in USA wieder einen Präsidenten haben, bei dem Gesetz und Menschenrechte ganz oben stehen, und keine Sauna-Deals und Kumpaneien.“

M. in einer Mail an mehrere Unterzeichner*innen: „ich habe mit etwas befremden die Anzeige, die Sie/ihr gestern in der Badischen Zeitung geschaltet habt, gelesen. Ich finde den Text inhaltlich wiederprüchlich und im besten fall naiv. Die Anzeige vereint aus meiner Sicht Nabelschau – sprachlich geht es schon unter erstens um eure Gefühle und nicht die der Ukrainer – und einen gewissen Orientalismus gegenüber den Bürger:innen der Ukraine und Osteuropas. Der Text erscheint zusammengezimmert aus Textbausteinen der Friedensbewegung der 1970er Jahre und das Analyseniveau erscheint unterkomplex. Gleich unter erstens geht es nicht um die vom russischen Angriff betroffenen Ukrainer:inenn, sondern um eure Gefühle, kann man machen, aber das ist eben aus meiner Sicht Nabelschau.

Ließt man unter Punkt 1 weiter, denkt man die Ukraine sei verlorgen. Zumindest der Kriegsverlauf bis heute, läßt dies zumindest fraglich erscheinen. Der russische Angriff ist zum Stillstand gekommen, die Ukraine scheint in der Lage sich effektiv zu verteidigen. Hätte Putin im Januar gedacht, hätte es vermutlich keinen Angriff gegeben. In Punkt drei fordert ihr eine “neue Friedensordnung” ausgehandelt zwischen den USA, Nato, Rußland und Europa, sowie vertrauensbildende Maßnahmen. Diese sind aufgrund des massiven Vertrauensbruchs Russlands (Krim, Ostukraine, Georgien, Tiergartenmorde, …) sicherlich von Seitens Russlands notwendig. Solche Verhandlungen dürfen nicht die Staaten Osteuropas, über deren Schicksal entschieden wird, außen vorlassen. In Punkt vier erwähnt ihr unter den Beteiligten dieses Krieges “die USA, die Europäische Union und die NATO”, keine dieser drei Entitäten ist Kriegspartei. Allenfalls könnte man überlegen ob nicht Deutschland und andere westliche Länder, den russischen Angriff durch Ölimporte finanzieren.

In gelb unter Punkt 5 gibt es dann von euch Rezepte zur Friedenssschaffung. Und die haben es in sich. Während 5 a + b durchaus angemessen Forderungen enthalten, möchtet ihr unter 5c die Ukraine unter ein UN Mandat stellen (also auch Russlands) und sie nach 1991 zum zweiten Mal dazu zwingen über ihre Unabhängigkeit zu entscheiden. Die sie gerade sehr entschieden verteidigt. Übrigens was ist denn dies Wahl bei der Regierungsform? Porto-Faschismus wie bei Putin vs. Demokratie? Unter 5e wollt ihr die Fähigkeit der Russland umgebenden Ländern sich zu verteidigen einschränken, in dem ihr diese “demilitarisiert”, nicht nur verwendet ihr hier eine Putin-Propaganda-Vokabel, sondern stellt auch Forderungen über das Verhalten anderer Länder auf. Ich frage mich ob es neben den “legitimen Sicherheitsinteressen” Russlands, auch solche Estlands, Lettlands, Litauen, Polens, Finnlands oder der Ukraine gibt?

5f) Ich frage mich, hat die NATO überhaupt Mittelstreckenraketen in 1000 km Nähe zu Rußland stationiert? Oder einzelne Nato Länder? Meines Wissens nicht. Derzeit gibt es keine westlichen oder NATO Mittelstreckenraketen (mit Atomsprengköpfen) in Europa. Der INF Vertrag wurde gekündigt, weil Russland seit 2017 das 9M729-System (SSC-8), eben eine solche Rakete herstellt und stationiert.
Es gibt eben keine neuen US-Marschflugkörper in Europa, sehr wohl aber neue russische Marschflugkörper. Raketen des Typs SS-C-8 sind mobil einsetzbar, laßen sich mit atomaren Sprengköpfen bestücken und sind in der Lage, europäische Städte zu erreichen so liegt laut einem Bericht der FAZ vom Februar 2019 selbst ohne Verlegungen ganz Deutschland in Reichweite einer Einheit dieser Raketen.

Dennoch erscheinen in der gegenwärtigen Invasion Russlands in die Ukraine, Atomwaffen keine Rolle zu spielen. Sollte man allerdings Putin die Invasion durchgehen lassen (so wie man das bereits auf der Krim, Georgien und in der Ostukraine getan hat), dann gäbe es für eine Reihe von Staaten (Polen, Taiwan, …) eine Veranlassung sich solche Waffen zu besorgen. Da ja offensichtlich auf Sicherheitsgarantien kein Verlaß ist. Übrigens ist ein Land entweder souverän oder unter UN Mandat.

Aus meiner Sicht war der Text weder durchdacht, noch schlüßig, noch bringt er irgendeinen Mehrwert. Ich möchte daher aufrufen die Position nochmals zu überdenken.

Darauf habe ich so geantwortet: „vielen Dank für Ihre ausführliche Rückmeldung zu unserem Aufruf in der BZ. Verzeihen Sie mir bitte, wenn ich nicht in der gleichen Ausführlichkeit auf Ihre Argumente eingehen kann. …Mit dem Vorwurf der Naivität habe ich durchaus gerechnet. Er trifft mich nicht wirklich. Nicht, dass ich mich mit historischen Gestalten vergleichen wollte, die ebenfalls auf die Kraft des zivilen gewaltfreien Widerstands gesetzt haben, wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Albert Einstein, Nelson Mandela und andere – die waren, in ihrem jeweiligen historischen Kontext, in Ihrem Sinne dann auch naiv.
Das mit den Textbausteinen aus der Friedensbewegung ist pure Polemik, darauf gehe ich nicht ein.
Wenn Sie der Meinung sind, dass man in diesem Kontext keine eigenen Gefühle äußern sollte und dass das Nabelschau sei, nun ja, auch das will ich nicht weiter kommentieren.
Das Argument der mangelnden Analysetiefe ist nachvollziehbar. Aber in einem kurzen Text kann man nur plakativ argumentieren und nicht sehr ins Detail gehen. Ich gestehe, dass der Text Fragen aufwirft und kritisiert werden kann, vielleicht auch an der einen oder andere Stelle widersprüchlich ist. Es ging uns aber eigentlich um zwei zentrale Aussagen, und die sind hoffentlich angekommen: Es müssen Wege aus der Eskalation gefunden werden, und das geht nur mit Russland. Wenn wir die Sicherheit nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt darauf gründen wollen, dass sich zwei hochgerüstete Atommächte gegenüberstehen und sich wechselseitig bedrohen, dann haben wir die Geschichte um mindestens 60 Jahre zurückgedreht (Kuba!). Das können wir nicht wollen. Und die zweite, aus meiner Sicht genauso wichtige Botschaft: Der zivile gewaltfreie Widerstand und die zivile Krisenbewältigung wird bei der jetzigen Kriegsrhetorik gar nicht mehr erwähnt.
Dass wir mit unserer Argumentation nicht ganz weltfremd sind, mögen die beiden Texte zeigen, die ich Ihnen beifüge.
Mit freundlichen Grüßen Jürgen Lieser

S. schreibt: nur durch Zufall habe ich Ihren interessanten Beitrag ‚Frieden ist möglich‘ in der BZ gesehen. Ich habe die BZ für den Bereich Freiburg Stadt abonniert, dort war er allerdings nicht enthalten. Können sie mir vielleicht davon noch eine .pdf Version schicken? Ich würde ihn gerne weiter verbreiten. Vielen Dank.


Frieden ist möglich! Was die Badische Zeitung Wahlwerbung nennt …

Heute ist der von mir initiierte Aufruf „Frieden ist möglich! Europa braucht eine neue Sicherheitsarchitektur“ in der hiesigen Badischen Zeitung (BZ) erschienen, zwar sehr lokal begrenzt, aber alles andere wäre zu teuer geworden. Ich hatte am 5. März einen Entwurf vorgestellt und diesen am 7. März nach einigen kritischen Rückmeldungen überarbeitet. Als dann kurz danach 27 Menschen erklärten, den Aufruf unterzeichnen zu wollen, habe ich mich zu einer Veröffentlichung in der BZ entschlossen. Kurz vor Redaktionsschluss kamen dann aufgrund einer „urgent action“ von Freunden und von pax christi Freiburg noch weitere ca. 50 Unterschriften hinzu, darunter auch die von Jürgen Grässlin, dem „profiliertesten deutschen Rüstungsgegner“ (Wikipedia).

Interessant ist, dass die BZ dem Aufruf einen Text vorausschickt, in dem sie diesen als „Wahlwerbung“ einstuft. Das war weder mit mir abgesprochen noch entspricht es den Tatsachen. Einen vergleichbaren Vorspann vermisse ich etwa bei den Anzeigen des südbadischen Unternehmers Herrenknecht, von Putin mit dem Orden der Freundschaft ausgezeichnet, der in großformatigen Anzeigen gegen Windräder im Schwarzwald pestet und der genug Kohle hat, um das ganze Verbreitungsgebiet der BZ zu nerven.

Sei´s drum. Ich bin gespannt, ob es Reaktionen auf unsere Anzeige gibt in Form von Leserbriefen oder Kommentaren. Falls ja, werde ich hier darüber berichten.


Ukraine: Wenn der Krieg mehr wird als nur eine Nachricht

Eines vorweg: Dieser Beitrag ist unsachlich, impulsiv, emotional und unausgewogen. Ich habe mich in den letzten zwei Jahren auf diesem Blog zu vielen Themen geäußert, oftmals ironisch, sarkastisch, einfach nur vor mich hin blödelnd, und ich habe politische, gesellschaftliche und Alltagsereignisse gerne mit Hohn und Spott übergossen. Das geht in diesen Tagen nicht, und ich weiß heute nicht, ob und wann ich wieder zu dieser leichten Art der Kommentierung zurückkehren kann.

Schuld daran ist der Ukrainekrieg. Heute kamen die ersten 14 Kriegsflüchtlinge in dem kleinen Dorf an, in dem ich lebe: Drei Familien, sechs Erwachsene und acht Kinder und Jugendliche im Alter zwischen drei Monaten und 19 Jahren. Wir haben in unserem Dorf seit 2014 mit einer Gruppe von Ehrenamtlichen 47 Flüchtlinge aus Nigeria, Gambia, Afghanistan, Irak, Syrien, Somalia, Türkei, Kamerun, Iran kommen und gehen sehen und versucht, ihnen hier eine neue Heimat zu geben. Manche sind immer noch da, haben Arbeit und Wohnung gefunden, leben unter uns. Die – sehr gemischten – Erfahrungen in diesen acht Jahren habe ich in einer Dokumentation niedergeschrieben: „Neue Heimat für Geflüchtete. Ein Rückblick auf acht Jahre ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in Wittnau.“ Kann man, wenn man will, hier nachlesen.

Nun also Ukraine. Eigentlich habe ich gar nicht viel mit den Neuankömmlingen sprechen können, wegen der Sprachbarriere. Gut, es gab einen Dolmetscher, eine Frau konnte sogar recht gut Deutsch. Es ging auch hauptsächlich um praktische Dinge: Was fehlt noch in der Unterkunft, wo ist der nächste Supermarkt, wo bekommt man eine Simkarte fürs Smartphone. Trotzdem hat mich die Begegnung mit diesen Menschen emotional aufgewühlt. Sie waren von der langen Fahrt am Vortag von der ukrainisch-polnischen Grenze bis zu uns müde und erschöpft. Sie hatten alles verloren, alles zurücklassen müssen, teilweise auch die Ehemänner der Frauen und Väter der Kinder.

Es schnürt mir die Kehle zu, ich kann kaum die Tränen unterdrücken, während ich diese Zeilen schreibe. Dabei müsste ich doch durch meine jahrzehntelange Arbeit für die Caritas in den Not- und Katastrophengebieten der Welt abgehärtet sein. Warum geht mir das so nahe? Was tut man diesen Menschen an? Warum können wir das nicht verhindern? Ich bin Jahrgang 1948, habe den Krieg nicht mehr erlebt, nur die Erinnerung an kindliche Spiele in Trümmerlandschaften. Und die materiellen Entbehrungen in den Nachkriegsjahren. Von den Erzählungen meiner Mutter weiß ich, dass sie vor dem Bombenhagel der Alliierten von Trier nach Thüringen fliehen musste, mit meinem damals dreijährigen Bruder, und dass sie unfreundlich in Thüringen aufgenommen wurde. Dann, im Frühjahr 1945, die Flucht vor der näher rückenden russischen Front zu Fuß von Thüringen bis nach Trier, wo sie in eine zerbombte Stadt und zerstörte Wohnung zurückkam.

Wir hatten gehofft, gedichtet und gesungen: Nie wieder Krieg! Aber dann waren da Vietnam, Korea, der Balkan, Sudan, Jemen, Angola, Afghanistan, Syrien und noch viele andere Kriege …und jetzt eben Ukraine.

Was mich auch zornig macht ist das jetzt wieder hoffähig werdende, garstige Lied von der angeblichen Logik der militärischen Abschreckung, die alleine man für fähig hält, Frieden zu schaffen und Frieden zu bewahren.

I´m not convinced!!!


Aufruf Frieden ist möglich: Neue Version

Auf meinen vor wenigen Tagen hier veröffentlichten Entwurf eines Aufrufs „Frieden ist möglich. Europa braucht eine neue Sicherheitsarchitektur“ habe ich einige Rückmeldungen bekommen, auch kritische. Allen, die erklärt haben, den Text unterzeichnen zu wollen, danke ich herzlich. Ich habe aufgrund der Rückmeldungen eine neue Fassung des Aufrufs erstellt. Ob der Text eine größere Verbreitung findet und evtl. als Zeitungsanzeige veröffentlicht wird, ist noch offen. Dazu ist die Zahl der Unterzeichner*innen bisher zu klein.

Hier die überarbeitete Fassung:

Frieden ist möglich. Europa braucht eine neue Sicherheitsarchitektur

1. Mit Gefühlen von Ohnmacht, Trauer, Wut und Entsetzen erleben wir die aktuellen Bilder der Zerstörung, von Truppenaufmärschen, von Menschen auf der Flucht, von Schutzsuchenden in U-Bahn-Stationen und Hauskellern. Machen wir uns nichts vor: Trotz des mutigen Widerstands der ukrainischen Streitkräfte, der Regierung und der Zivilbevölkerung, trotz der mit großer Mehrheit verabschiedeten Verurteilung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durch die Vollversammlung der VN, und trotz der vielfältigen Solidaritätsbekundungen und Unterstützung aus dem Westen wird Russland mit seiner militärischen Übermacht die Ukraine in die Knie zwingen, die Demokratie beseitigen und eine Besatzungsregime installieren. Mit der Folge, dass vermutlich über Jahre hinweg ein blutiger Bürgerkrieg das Land beherrschen wird.

2. Wir glauben an die Kraft des zivilen gewaltfreien Widerstands und der zivilen Konfliktbewältigung und lehnen militärische Lösungen sowie jegliche Form gewaltsamer Unterdrückung des Freiheitswillens der Ukrainerinnen und Ukrainer ab.

3. Unabhängig vom Ausgang dieses schrecklichen und sinnlosen Krieges muss darüber nachgedacht werden, wie danach eine Friedensordnung in Europa aussehen kann. Eine Ordnung, die den Sicherheitsinteressen aller Beteiligten Rechnung trägt. Egal, wie man zu den Bedrohungsängsten Russlands stehen mag, ob man sie für begründet oder bloß für vorgeschoben hält: Eine neue Sicherheitsarchitektur, ausgehandelt zwischen Russland, den USA, der NATO und Europa und basierend auf neuen vertrauensbildenden Maßnahmen, ist vonnöten. Wechselseitige Aufrüstung und Ausbau des atomaren Bedrohungspotenzials sind keine Lösung.

4. Mit diesem Aufruf fordern wir Russland auf, den Angriffskrieg gegen die Ukraine sofort zu beenden. Alle Beteiligten und Betroffenen des Krieges, namentlich Russland, die Ukraine, die USA, die Europäische Union und die NATO werden aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um weiteres Leid und Blutvergießen zu beenden, den Konflikt zu deeskalieren, in Friedensverhandlungen einzutreten und dauerhafte Vereinbarungen über eine neue Sicherheitsarchitektur abzuschließen.

5. Insbesondere fordern wir:

  1. Sofortiger und absoluter Waffenstillstand und Einstellung aller Kampfhandlungen in der Ukraine.
  2. Vollständiger Rückzug der russischen Invasionstruppen aus dem Staatsgebiet der Ukraine.
  3. Die Ukraine bleibt als souveräner Staat erhalten und wird vorläufig unter VN-Mandat gestellt, bis der endgültige Status geklärt ist. Die ukrainische Bevölkerung entscheidet in einer freien Volksabstimmung, ob sie zu Russland oder zum Westen gehören will und welche Regierungsform sie wählt.
  4. Über die Zugehörigkeit der Krim und der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk entscheidet die dort ansässige Bevölkerung.
  5. Zwischen Russland und dem Westen (=NATO und Europa) wird eine geographisch noch genauer zu definierende entmilitarisierte Zone eingerichtet. Diese umfasst neben der Ukraine alle europäischen Länder, die unmittelbar an Russland angrenzen. Innerhalb eines Sicherheitskorridors von 1000 km westlich und östlich der Demarkationslinie zwischen Russland und dem Westen (der Grenzverlauf ergibt sich aus der Zugehörigkeit der Staaten zum jeweiligen Machtbereich) werden keine atomaren Mittelstreckenraketen installiert. Bereits vorhandene Waffensysteme werden abgebaut.
  6. Die NATO-Mitglieder unter diesen Ländern verzichten auf die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen auf ihren Hoheitsgebieten. Vorhandene Raketen werden abgebaut. Das gilt auch für die NATO-Mitglieder Türkei und Norwegen.
  7. Für die Behebung der Kriegsschäden in der Ukraine wird ein Wiederaufbaufonds unter der Federführung der VN eingerichtet.

Aufruf: Frieden ist möglich. Europa braucht eine neue Sicherheitsarchitektur

Der nachstehende Text ist als Entwurf zu verstehen. Er ist entstanden in der Absicht, einen Ausweg aus der aktuellen Kriegssituation und eine Perspektive für eine neue Friedensordnung in Europa zu skizzieren. Ich lade Euch ein, diesen Text a) zu kommentieren, b) zu ergänzen und c) an friedensbewegte Menschen in Eurem Umfeld weiterzuleiten. Bittet meldet Euch, wenn Ihr den Aufruf unterzeichnen möchtet (juergen.lieser@web.de). Bei einer ausreichend großen Zahl an Unterstützer*innen kann der Aufruf als Anzeige in einer oder mehreren Tageszeitungen veröffentlicht werden.

Mit Gefühlen von Ohnmacht, Trauer, Wut und Entsetzen erleben wir die aktuellen Bilder der Zerstörung, von Truppenaufmärschen, von Menschen auf der Flucht, von Schutzsuchenden in U-Bahn-Bahn-Stationen und Hauskellern. Machen wir uns nichts vor: Trotz des mutigen Widerstands der ukrainischen Streitkräfte, der Regierung und der Zivilbevölkerung, trotz der mit großer Mehrheit verabschiedeten Verurteilung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durch die Vollversammlung der VN, und trotz der vielfältigen Solidaritätsbekundungen und Unterstützung aus dem Westen wird Russland mit seiner militärischen Übermacht die Ukraine in die Knie zwingen und eine Besatzungsregime installieren. Mit der Folge, dass vermutlich über Jahre hinweg ein blutiger Bürgerkrieg das Land beherrschen wird.

Unabhängig vom Ausgang dieses schrecklichen und sinnlosen Krieges muss darüber nachgedacht werden, wie danach eine Friedensordnung in Europa aussehen kann. Eine Ordnung, die den Sicherheitsinteressen aller Beteiligten Rechnung trägt. Egal, wie man zu den Bedrohungsängsten Russlands stehen mag, ob man sie für begründet oder bloß für vorgeschoben hält: Eine neue Sicherheitsarchitektur, ausgehandelt zwischen Russland, den USA, der NATO und Europa und basierend auf neuen vertrauensbildenden Maßnahmen, ist vonnöten. Wechselseitige Aufrüstung und Ausbau des atomaren Bedrohungspotenzials ist keine Lösung.

Mit diesem Aufruf fordern wir alle Beteiligten und Betroffenen des aktuellen Krieges in der Ukraine, namentlich Russland, die Ukraine, die USA, die Europäische Union und die NATO auf, den Krieg zu beenden, in Friedensverhandlungen einzutreten und dauerhafte Vereinbarungen über eine neue Sicherheitsarchitektur abzuschließen.

Insbesondere fordern wir:

  • Sofortiger und absoluter Waffenstillstand und Einstellung aller Kampfhandlungen in der Ukraine.
  • Vollständiger Rückzug der russischen Invasionstruppen aus dem Staatsgebiet der Ukraine.
  • Die Ukraine bleibt als souveräner Staat erhalten und wird vorläufig unter UN-Mandat gestellt, bis der endgültige Status geklärt ist. Die ukrainische Bevölkerung entscheidet in einer freien Volksabstimmung, ob sie zu Russland oder zum Westen gehören will und welche Regierungsform sie wählt.
  • Über die Zugehörigkeit der Krim und der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk entscheidet die dort ansässige Bevölkerung.
  • Zwischen Russland und dem Westen (=NATO und Europa) wird eine geographisch noch genauer zu definierende entmilitarisierte Zone eingerichtet. Diese umfasst neben der Ukraine alle europäischen Länder, die unmittelbar an Russland angrenzen.
  • Die NATO-Mitglieder unter diesen Ländern verzichten auf die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen auf ihren Hoheitsgebieten. Vorhandene Raketen werden abgebaut. Das gilt auch für die NATO-Mitglieder Türkei und Norwegen.
  • Innerhalb eines Sicherheitskorridors von 1000 km zwischen Russland und dem Westen (der Grenzverlauf ergibt sich aus der Zugehörigkeit der Staaten zum jeweiligen Machtbereich) werden keine atomaren Mittelstreckenraketen installiert. Bereits vorhandene Waffensysteme werden abgebaut.
  • Für die Behebung der Kriegsschäden in der Ukraine wird ein Wiederaufbaufonds unter der Federführung der VN eingerichtet.

Nimm das, Putin!

Robert Habeck hat es angekündigt: Auch wir werden die Folgen der Sanktionen gegen Putin und seine Oligarchenclique zu spüren bekommen. Ich habe mich entschlossen, den Kremlchef persönlich unter Druck zu setzen und keine russischen Produkte mehr einzukaufen. Das hat er nun davon. Ich werde auf meine wöchentliche Ration Kaviar verzichten müssen, die ich immer mit einer Flasche Krimsekt runtergespült habe. Hier mein politisch bereinigter Einkaufszettel für diese Woche:


Frieden schaffen ohne Waffen. Eine Grabrede

Liebe Trauergemeinde,

wir sind heute hier versammelt, um das Ableben einer für möglich gehaltenen Utopie zu betrauern: Den Traum vom friedlichen Zusammenleben der Völker. Wir tragen heute den Pazifismus zu Grabe. Der Glaube an die Kraft des gewaltlosen Widerstands ist tot. Ehemals Friedensbewegte fordern die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete und begrüßen die Aufrüstung der Bundeswehr. Sie tun es mit schlechtem Gewissen, aber sie tun es, weil Gespräche, Verhandlungen und Versprechungen die Gewalt nicht aufhalten konnten. Sie tun es, weil die Vereinten Nationen, einst geschaffen, um Kriege zu verhindern, machtlos sind angesichts neuer, das Völkerrecht missachtender Kriege.

Wer immer noch meint, gewaltbereite Despoten und machtgeile Autokraten mit dem Bild der Friedenstaube zum Einhalten bringen zu können, gilt als hoffnungslos naiv. Während wir heute die Idee der Gewaltfreiheit und des friedlichen Zusammenlebens der Völker beerdigen, erleben wir die Auferstehung der Propagandisten der Gewalt und der militärischen Abschreckung. Frieden schaffen mit mehr Waffen – das ist das neue Credo. Die drohende Vernichtung der menschlichen Existenz und der natürlichen Lebensgrundlagen auf dem Globus durch den Klimawandel wird überlagert durch die reale Gefahr eines Atomkrieges.

Liebe um dieses Grab versammelte Trauergemeinde: In den hinteren Reihen sehen wir die Heuchler und Kriegsgewinnler stehen, die Krokodilstränen vergießen, während sie gleichzeitig mit heimlichem Vergnügen auf ihren Smartphones die rasant steigenden Aktienkurse der Rüstungsindustrie, in die sie investiert haben, beobachten.

Hören wir zum Schluss dieser Trauerfeier ein letztes Mal das Antikriegslied „Es ist an der Zeit“. Vielleicht wird ja doch noch die Schlusszeile Wirklichkeit, die da heißt: „Doch es finden sich immer mehr Menschen bereit, diesen Krieg zu verhindern. Es ist an der Zeit“.