Armutszeugnis für ein reiches Land: Bundesregierung kürzt Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe

Finanzminister Lindner will die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit weiter kürzen. Bereits im Bundeshaushalt 2024 wurden die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe drastisch gekürzt. In diesem Jahr hat Deutschland gegenüber 2022 3,5 Milliarden Euro weniger für Armutsbekämpfung, Nothilfe und nachhaltige Entwicklung bereitgestellt. Im Vergleich zu 2023 wurde die humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes um 20 Prozent, der BMZ-Etat um fast zehn Prozent gekürzt.

Selbst die CDU/CSU kritisierte die Kürzungen. Applaus gab und gibt es – Überraschung! – von der AfD. Die würde den Entwicklungsetat am liebsten ganz streichen. Sie ist der Meinungr, dass sowieso viel zu viel Geld für die Entwicklungshilfe ausgegeben wird, die „größtenteils wirkungsloser Nonsens ist“. Die widerwärtige und tumbe Polemik des AfD-Abgeordneten Dr. Michael Espendiller anlässlich der Bundestagsdebatte am 05.09.2023 kann man sich hier anhören (ab ca. Minute 22). Bei dieser Debatte ging es um die Kürzungen im Haushalt 2024. Nun kommt es noch dicker: Finanzminister Lindner fordert vom BMZ und seiner Ministerin Svenja Schulze für 2025 noch drastischere Kürzungen als bisher vorgesehen.

Knickt die Bundesregierung damit vor rechtspopulistischer Stimmungsmache gegen Hilfen für arme Länder ein? Germany first? Solidarität mit den unter Armut, Hunger, Kriegen und Konflikten sowie Klimakrisen leidenden Menschen ist offenbar unpopulär, die FDP fischt in braunen Gewässern ganz unverblümt um Wählerstimmen. Dabei ist „Solidarität mit denjenigen, die weltweit dringend Unterstützung benötigen, … kein Luxus, sondern ein essenzieller Beitrag für eine friedliche und gerechte Welt, von der unsere aller Zukunft abhängt“, so VENRO, der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe.


Nie wieder ist jetzt! Eine Ansprache

Seit Januar 2024 finden im ganzen Land Demonstrationen gegen die rechtsextreme, rassistische und menschenverachtende Ideologie und Politik derAfD und ihr nahestehende Gruppierungen statt. So auch heute, am 24. März, in meiner Heimatregion, dem Hexental bei Freiburg. Die Veranstalter der Kundgebung „Nie wieder ist jetzt! Demokratie und Vielfalt erhalten!“ hatten mich um einen Redebeitrag gebeten. Hier das Manuskript der Rede (im gesprochenen Text wurde einzelne Passagen gekürzt):

Liebe Freundinnen und Freunde: Es ist an der Zeit! So heißt ein Lied von Hannes Wader, vielleicht kennt ihr es. Es ist ein Antikriegslied, und es ist heute wieder sehr aktuell – leider. Das Lied endet mit den Zeilen: Doch längst finden sich mehr und mehr Menschen bereit, diesen Krieg zu verhindern, es ist an der Zeit.

Heute ist es an der Zeit, gegen die braune Gefahr, gegen die Bedrohung durch den Rechtsextremismus aufzustehen. Die Bedrohung von rechts ist keine abstrakte Gefahr, sondern sie ist sehr real! In ganz Deutschland und in Europa beobachten wir ein Erstarken rechtsextremer Gruppierungen und faschistischer Tendenzen.

Ich bin den Organisatoren dieser Kundgebung und allen Unterstützerorganisationen dankbar, dass wir uns heute hier in Au für eine offene, tolerante, vielfältige und demokratische Gesellschaft versammeln können.

Es ist ermutigend, dass so viele Menschen, dass auch wir hier im Hexental wachsam sind und uns wehren, dass wir unsere Demokratie verteidigen. Wir – das ist jede und jeder Einzelne von uns, das ist die Zivilgesellschaft, das sind Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereine – wir alle fühlen uns verbunden mit mehr als drei Millionen Menschen, die seit Anfang Januar gegen die AfD und gegen Rechtsextremismus auf die Straßen gegangen sind – in über 900 Orten in ganz Deutschland.

Vielleicht geht es euch so wie mir: Ich laufe ungern hinter Bannern her und rufe ungern Parolen, die andere für mich formuliert haben. Unser Protest, unsere Sorge über die politischen Entwicklungen lassen sich nicht auf simple Parolen reduzieren. Es geht auch nicht darum, pauschal gegen Rechts zu protestieren, wie manche uns vorwerfen. Nein, es geht darum, auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die vom Rechtsextremismus ausgehen! Deshalb ist es notwendig, dass wir uns zu Wort melden und nicht den Brunnenvergiftern und Feinden der Demokratie das Feld überlassen!

Wenn wir uns im schönen Hexental umschauen, dann scheint die braue Gefahr weit weg zu sein: In Thüringen oder Sachsen, in Berlin oder Stuttgart, ja sogar in Freiburg, aber doch nicht bei uns? Liebe Leute: Machen wir uns nichts vor: Auch unsere beschaulichen Kommunen sind nicht immun gegen rechtes Gedankengut! Auch für uns gilt: Wehret den Anfängen! NIE WIEDER IST JETZT!

Der AfD schaden die Proteste nicht wirklich. Ihre Zustimmungswerte sind zwar zuletzt leicht gesunken. Aber die braune Gefahr ist nicht gebannt, im Gegenteil. Im schlimmsten Fall gelingt es der AfD, auf Länderebene Regierungsverantwortung zu übernehmen – und das ist längst kein völlig unrealistisches Szenario mehr – in Thüringen, Sachsen und Brandenburg werden sie bei den Landtagswahlen dieses Jahr zur stärksten Kraft werden.

Diese Partei vertritt eine rechtsextreme Ideologie und Politik – und das völlig offen und ungeschminkt! Es ist daher eine Verharmlosung, wenn die AfD als rechtspopulistisch bezeichnet wird. Nein, die AfD ist nicht rechtspopulistisch. Sie ist nicht bürgerlich. Sie ist rechtsextrem, rassistisch und menschenverachtend. Sie ist gefährlich, weil für die AfD die Würde des Menschen antastbar ist! Nicht-Deutsche, Behinderte, Ausländer, Queere, Andersgläubige – sie alle sollen nach den Vorstellungen der AfD verschwinden, ausgeschlossen werden, wenn es sein muss, gewaltsam deportiert werden. Das hatten schon mal, das wollen wir nicht wieder! NIE WIEDER IST JETZT!

In der Badischen Zeitung lese ich, dass die Freiburger AfD sich darüber beklagt, das gesellschaftliche Klima sei durch linke Propaganda und Falschinformationen vergiftet. Was für eine groteske Verdrehung der Tatsachen! Vielleicht sollte man die Freiburger AfD daran erinnern, was führende Köpfe ihrer Partei an hetzerischen und vergifteten Parolen verbreiten: 

Maximilian Krah, genannt „Shampus-Max“, der gegen Flüchtlinge hetzt und der selbst bei der AfD als Rechtsaußen gilt und der vor allem auf TikTok seine homophoben Thesen verbreitet, und erklärt, dass Frauen an den Herd gehören und Kinder kriegen sollen, Beatrix von Storch, die den Einsatz von Schuss-waffen gegen Geflüchtete forderte, Alexander „Vogelschiss“ Gauland, der stolz ist auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen, Jens Maier, der den Massenmord des norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik rechtfertigt, und der lupenreine Faschist und Möchtegern Adolf Björn Höcke, der offen auf eine am Nationalsozialismus orientierte Gewaltherr-schaft zielt und von einem großangelegten „Remigrationsprojekt“ träumt, bei dem man nicht um „wohltemperierte Grausamkeit“ herumkommen würde …

Es besteht kein Zweifel daran, was uns droht, wenn die AfD das Sagen hat: Einschränkung der Pressefreiheit und Kontrolle der Medien, Maßnahmen gegen Geflüchtete, Ausgrenzung und Verfolgung von Andersdenkenden, Besetzung von Spitzenpositionen in den Behörden mit eigenen Leuten, Beschränkung des Verfassungsschutzes, Aufhebung von Maßnahmen für den Klima- und Umweltschutz, Streichung der Förderungen für zivilgesellschaftliche Initiativen, usw.

Liebe Freundinnen und Freunde: Niemand soll später sagen, wir hätten nicht gewusst, was diese Partei plant.

Es wäre aber zu einfach, das, was wir heute erleben, als Blaupause des Dritten Reiches zu verstehen, auch wenn Äußerungen der Rechtsextremen so klingen. „Es ist ein neuer Hass, es ist eine neue Hetze, eine neue Niedertracht und ein neues, immer noch gleichfalls dummes, ungebildetes, unaufgeklärtes Böses“ (Claus Eurich). Deshalb bin ich vorsichtig mit dem Nazi-Vergleich.

Es gibt noch etwas, das uns Sorgen machen sollte: Es ist ja nicht allein die von der AfD offen vertretene rechtsextremistische Ideologie. Wir sehen eine Diskursverschiebung nach rechts auch bei Parteien, die sich zum demokratischen Spektrum zählen, die aber zunehmend rechte Positionen übernehmen – und das nicht nur beim politischen Aschermittwoch. Ich meine damit zum Beispiel die Verschärfung der Migrations- und Asylpolitik, ich meine die Legende vom massenhaften Sozialmissbrauch, womit Vorurteile gegen Bürgergeldempfänger geschürt werden, ich meine die grassierende Kriegsrhetorik, die unser Land und damit uns alle kriegstauglich machen soll. 

Seien wir ehrlich: Wie anfällig sind wir, auch ohne AfD-Anhänger zu sein, wenn es um unsere eigenen materiellen Besitzstände geht? Wenn unser Wohlstand und unser Lebensstandard in Frage gestellt sind? Wie steht es mit unserer Willkommenskultur für Geflüchtete, wenn wir dafür materielle Abstriche in Kauf nehmen müssen? Wie stabil oder wie gefährdet ist der zivilisatorische Konsens, der uns davor bewahrt, Hass, Missgunst und Neid auf angebliche Sündenböcke zu richten, auf Migranten, Juden, alte weiße Männer, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Klimasünder?

Liebe Freundinnen und Freunde: Demonstrieren ist gut, reicht aber nicht. Es reicht nicht, einmal zur Demo zu gehen und ein Schild hochzuhalten Es braucht einen langen Atem und kontinuierlichen Widerstand, um den braunen Sumpf trockenzulegen. Diese Ideologie darf sich nicht durchsetzen. Wir müssen als Demokratinnen und Demokraten dagegenhalten. Zeigen wir klare Kante und Zivilcourage, in den Betrieben, in der Schule, im Verein, in der Glaubensgemeinschaft – wo immer wir im Alltag den dummen Sprüchen begegnen, die oft so harmlos daherkommen, nach dem Motto: Man wird ja mal fragen dürfen…

Zum Schluss: Geht am 9. Juni wählen und erteilt mit eurer Stimmabgabe den Kandidaten und Parteien mit rechtsextremem Gedankengut eine Absage. Setzt mit uns gemeinsam ein Zeichen für Freiheit, Toleranz und Vielfalt! In unserer Gesellschaft soll kein Platz sein für Spaltung, Hass und Hetze.

Nicht wählen zu gehen, hilft den Parteien, die mit aggressiven Parolen ihre Unterstützer mobilisieren. Geht daher bitte wählen und gebt bei der Kreistags- und Europawahl eure Stimmen Parteien, von denen ihr wisst, dass sie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung mittragen.

Bei aller berechtigten Kritik an der Regierung: Jetzt heißt es gegen die Rechtsextremisten zusammenzustehen!

Vielen Dank


Lustige Kriegspropaganda im Kinderkanal: Ich bin ein (M)Arschflugkörper, hahaha!

Wir haben begriffen: Deutschland muss kriegstauglich werden! So der vorherrschende, wenig widersprochene Tenor in Medien, Talkshows, Bundestagsdebatten. Und hallo, ihr lieben Kleinen: Das gilt auch für euch!! Wenn Mama schon mal Notvorräte im Keller anlegt und Papa im Garten einen Schutzbunker baut, wenn Oma und Opa an die Bundeswehr spenden statt an Brot für die Welt oder Caritas, dann könnt ihr nicht weiter mit eurer Playmobil-Feuerwehr oder eurem Barbie-Modepüppchen spielen, als wenn nichts wäre. Nein: Jetzt wird aufgerüstet! Kriegsspielzeug gehört wieder in alle Kinderzimmer! Endlich dürft ihr wieder „Peng, du bist tot“ spielen, ohne dass die Kita-Tante im Stuhlkreis wieder gewaltfreie Kommunikation mit euch übt. Ihr dürft wieder im Sandkasten Krieg spielen und die Sandburg der blöden Susi zerstören. Abends vor dem Schlafengehen gibt es dann statt Sandmännchen im ZDF-Kinderprogramm „logo!“ dieses lustige Video über die „krasse Reichweite des Taurus-Marschflugkörpers“:

So schafft man kindgerechte Medienkompetenz, wie Günter Herkel in einem am 7. März bei verd.i veröffentlichen Artikel über Die „Militarisierung der Medien“ süffisant schreibt.

https://mmm.verdi.de/meinung/die-militarisierung-der-medien-95557

Kindersendungen als Kriegspropaganda: Soweit sind wir also schon. Wer nicht in den allgemeinen Sound der Kriegsrhetorik – „mehr Waffen, bessere Waffen, mehr Munition, damit die Ukraine den Krieg gewinnt“ – einstimmt, wird als Putin-Versteher diffamiert oder als realitätsferner Pazifismusträumer belächelt. In der kürzlichen Bundestagsdebatte über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern hat es der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich gewagt zu sagen, man möge doch nicht nur darüber nachdenken, wie man einen Krieg führt, sondern auch, wie man ihn einfrieren und danach beenden könnte. Das brachte ihm nicht nur verständnisloses Kopfschütteln von Außenministerin Annalena Baerbock ein, sondern auch eine üble Beleidigung durch den ukrainischen Ex-Botschafter und heutigen Stellvertreter des ukrainischen Außenministers Andrij Melnyk, der Mützenich als den „widerlichsten Politiker Deutschlands“ bezeichnete.

Herr Melnyk: Sie sind offenbar nicht der kompetenteste Politiker der Ukraine.





















Auch Feministinnen können irren. Ein Beitrag zum Internationalen Frauentag

Vielleicht sollte ich, der Empfehlung am familiären Frühstückstisch folgend, heute besser die Klappe halten und mich als alter weißer Cis-Mann nicht dazu hinreißen lassen, etwas zum Internationalen Frauentag, dem „feministischen Kampftag“ im Jargon mancher Feministinnen, verlautbaren zu lassen. Kann nur schief gehen. Egal, wie solidarisch ich mich mit den Anliegen der Frauen äußere: Der Bannstrahl der Cancel culture wird mich aufgrund meines Mannseins treffen, bevor ich auch nur den Mund aufgemacht habe.

Dabei hätte ich nur sagen wollen, dass meine Bereitschaft, Neues aus der queer-feministischen Bewegung zu lernen, bei der Lektüre der Tageszeitung auf eine harte Probe gestellt wurde. Bisher war ich stolz darauf, das Kürzel LSBTTIQ+ stolperfrei auflösen zu können. Heute lese ich nun, im Zusammenhang mit einem Interview mit zwei Feministinnen, zum ersten Mal den Begriff „FLINTA*“. Nein, liebe Männer, mit „Flintenweiber“ hat das nichts zu tun. Bei FLINTA* handelt es sich um einen Sammelbegriff für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. Der angehängte * (Asterisk), so Wikipedia, „dient dabei als Platzhalter für alle Personen, die sich in keinem der Buchstaben wiederfinden, aber dennoch von Marginalisierung betroffen sind“. Könnte mit dem Asterisk etwa auch ich gemeint sein? Weil ich beim Sportunterricht in der Schule immer als Letzter gewählt wurde?

Ebenfalls heute lese ich, dass die politische Philosophin und Galionsfigur des Feminismus Judith Butler sich zum 7. Oktober geäußert hat, und zwar so: „Ich denke, es ist ehrlicher und historisch korrekt, zu sagen, dass der Aufstand (!) des 7. Oktober ein Akt des bewaffneten Widerstands (!!) war. Es ist kein Terrorakt (!!!) und es ist kein antisemitischer Angriff“ (Ausrufungszeichen von mir). Holy shit! Massenhafte Vergewaltigungen als Akt des bewaffneten Widerstands?? Aber es steht mir als Mann ja nicht zu, am Internationalen Frauentag dazu eine Meinung zu haben. Vielleicht morgen wieder?