Jetzt ist die Zeit über Frieden zu reden
Veröffentlicht: 28. November 2023 Abgelegt unter: Allgemein 2 KommentareJetzt vom Frieden reden? In dieser Zeit der Hochkonjunktur der Kriege? Wo der Krieg in der Ukraine an Intensität eher zunimmt? Der Nahost-Konflikt zu einer entsetzlichen Gewalteskalation führt? Wo ungelöste Gewaltkonflikte in Afghanistan, Aserbeidschan, Sudan, Kolumbien, Syrien, Jemen, Nigeria, DR Kongo, Myanmar die Nachrichten beherrschen? Ausgerechnet jetzt sollen wir von Frieden reden?
Robert Habeck meinte kürzlich im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt: „Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden“. Dem widerspricht Navid Kermani (Die ZEIT Nr. 47/2023) „Doch, genau jetzt ist die Zeit, über Frieden zu reden, allerspätestens im Krieg, nachdem es die Welt über Jahre versäumt hat, auf eine Lösung des Nahostkonflikts hinzuwirken“.
Heribert Prantl beklagt in seinem jüngsten „Prantls Blick“ für die SZ, dass früher mehr Demo war und fordert eine neue, eine stärkere Friedensbewegung. Warum werden heute Menschen belächelt, diskriminiert, als naiv bezeichnet, die Forderungen nach Waffenstillstand, Friedensverhandlungen, Kompromissen erheben, nach einer nicht-militärischen Logik der Konfliktlösung, oder die für eine Initiative unter der Überschrift „Sicherheit neu denken“* eintreten (https://www.sicherheitneudenken.de/ ?
Muss Deutschland wirklich „kriegstüchtig“ werden, wie es der derzeit beliebteste Politiker Boris Pistorius fordert, oder nicht vielmehr „friedenstüchtig“? Es ist an der Zeit, vom Frieden zu reden. Wann, wenn nicht jetzt?
*“Sicherheit neu denken – von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik“ ist eine Veranstaltungsreihe überschrieben, die wir in diesem Winterhalbjahr in Südbaden organisieren. Wir, das sind pax christi, das Katholische Bildungswerk Wittnau und das Gemeindeteam Ehrenstetten. Hier der Flyer mit den noch geplanten Veranstaltungen:
Ein Loch ist im Haushalt, oh Lindner, ein Loch.
Veröffentlicht: 24. November 2023 Abgelegt unter: Allgemein, Gesellschaft, Innenpolitik, Wirtschaft | Tags: Christian Lindner, FDP, Schuldenbremse Hinterlasse einen KommentarNach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt herrscht in Regierungskreisen große Panik: Wie kann das entstandene Haushaltsloch von 60 Mrd. Euro gestopft werden? Schuldenbremse abschrauben und neu zusammenfriemeln (will die FDP nicht, die CDU aber auch nicht)? Bürgergeld / Renten / Kindergrundsicherung / Asylbewerberleistungen – einfach das ganze Gedöns kürzen (will die FDP, aber auch die CDU)? Porsche von Christian Lindner verkaufen (bringt eh nichts)?
Jetzt hat der Finanzminister auch noch sein bestes Pferd im Stall, den langjährigen Staatssekretär Werner Gatzer (SPD), gefeuert. Der soll an allem Schuld sein. Ne, ne, Herr Lindner. Nicht der Staatssekretär ist das Problem. Auch nicht das Bundesverfassungsgericht, nicht die Schuldenbremse und nicht Corona oder der Ukrainekrieg. Das Problem ist die FDP. Die blockiert nämlich alles, was kurzfristig und nachhaltig zu einer Verbesserung der Haushaltssituation führen könnte. Steuererhöhungen für Besserverdienende etwa. Oder der Abbau umweltschädlicher Subventionen. Diese allein betragen 65,4 Mrd. Euro im Jahr. Beispiele dafür sind die Steuerbefreiung für Flugbenzin (8,3 Mrd.), das sogenannte Dienstwagenprivileg (3,1 Mrd.), die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge (4 Mrd.) oder die Pendlerpauschale. Das Autofahren mit Dieselkraftstoff wird subventioniert (18 Cent pro Liter, bzw. 8,2 Mrd. Euro im Jahr).
Jüngstes Beispiel für unsinnige (wenn auch in diesem Falle nicht unweltschädliche) Subventionen: Ein Förderprogramm von bis zu 10.000 Euro für Hausbesitzer, die sich eine Solaranlage aufs Dach legen, dazu eine Ladestation für ihr E-Auto installieren (für das sie bereits eine fette Kaufprämie vom Staat kassiert haben). Hier werden besserverdienende Haushalte mit Geld zugeschüttet. Man denke nur an das Geschrei (nicht nur, aber besonders laut der FDP, das Elterngeld für Besserverdienende zu kürzen. Skandal!
Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampelregierung vorgenommen: „Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.“
Jetzt wäre Gelegenheit, damit endlich Ernst zu machen.
Schon wieder Bahnstreik. Weselsky, es reicht!
Veröffentlicht: 16. November 2023 Abgelegt unter: Allgemein, Boulevard, Gesellschaft, Wirtschaft | Tags: Deutsche Bahn, GDL, Weselsky 4 KommentareGeht´s eigentlich noch? Der wievielte Bahnstreik in den letzten zwei Jahren ist das jetzt? Kann mal jemand diesem durchgeknallten Gewerkschaftsboss Weselsky den Stecker ziehen? Hat der vielleicht einen Oberleitungsschaden?
Die Bahn ist ja ohnehin schon in einem jämmerlichen Zustand und fährt, auch ohne bestreikt zu werden, nicht so wahnsinnig zuverlässig. Bahnreisende freuen sich inzwischen schon, wenn der Zug überhaupt kommt, wenn auch verspätet, wenn keine Störung im Betriebsablauf an der Weiterfahrt hindert, wenn die Toiletten funktionieren, die Wagenreihung mal stimmt und das Platzreservierungssystem nicht wieder ausgefallen ist.
Jetzt fordert die GDL Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Und lässt gleich schon mal die Muskeln spielen auf Kosten der Bahnreisenden. Alle, die heute mit der Bahn reisen wollten oder müssen, werden in Geiselhaft genommen. Das macht wirklich schlechte Laune! Zumal die Forderungen, mit Verlaub, ziemlich schlecht in die Zeit passen. Die Lokführerinnen und Lokführer gehören nicht zu den Schlechtverdienern bei der Bahn. Hier könnte Verkehrtminister Wissing mal was Richtiges tun und den Streik verbieten.
Und noch etwas muss ich bei dieser Gelegenheit loswerden: Nicht nur der Antisympathieträger Weselsky geht uns gehörig auf die Nerven. Die GDL nennt sich offiziell „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer“. Demnach sitzen in den Loks der Deutschen Bahn nur Deutsche? Und keine Frauen? Mit Führern haben wir in Deutschland keine so guten Erfahrungen.
Daher meine Empfehlung: Umtaufen der GDL in „Gewerkschaft Dummdreister Lohntreiber“, Weselsky im ICE-Klo einsperren und alle LokführerInnen mit Migrationshintergrund kriegen 1.000 Euro mehr im Monat!
PS: Dieser Blogbeitrag wurde in Bahnschrift Light verfasst. So viel Solidarität muss sein …
Asyl- und Migrationsdebatte: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
Veröffentlicht: 9. November 2023 Abgelegt unter: Flüchtlinge, Gesellschaft, Innenpolitik, Internationale Politik | Tags: Asyl, Migration 3 KommentareEs ist erschreckend, wie sich derzeit Vertreter/innen nahezu aller Parteien überbieten mit Vorschlägen, wie man angeblich den Zuzug von Asylbewerbern und Migranten begrenzen könne: Leistungen kürzen, Bezahlkarte einführen, Bürgergeld erst nach 36 statt nach 18 Monaten, schärfere Kontrollen an den Grenzen, Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitern, Asylverfahren in Drittländer auslagern, Abschiebungen im großen Stil (Scholz). Je schriller, desto besser. Weder Recht und Gesetz (Asylrecht, Genfer Flüchtlingskonvention, Menschenrechte) noch Fakten scheinen die Marktschreier des Überbietungswettbewerbs zu interessieren. Die AfD lässt grüßen!
Angst und Panik schüren scheinen den Ton der politischen Debatte zu bestimmen. Man fürchtet, dass die Stimmung im Land kippt. Mit restriktiven Maßnahmen soll der Zuzug von Flüchtlingen gesenkt, Abschiebungen sollen verstärkt werden. Dabei ist es höchst fraglich, ob mit den diskutierten Maßnahmen die erhoffte Wirkung, nämlich eine deutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen, wirklich erreicht wird.
Es soll hier nicht einem unkontrollierten und unbegrenzten Zuzug a la „no borders“ das Wort geredet werden. Aber etwas mehr Sachlichkeit und weniger Populismus würde der Diskussion guttun. Denn: Im Umgang mit Flucht und Migration gibt es nun mal keine einfachen Lösungen! Ein Blick auf die Fakten kann das verdeutlichen.
Flucht und Migration weltweit
Mindestens 108,4 Millionen Menschen auf der ganzen Welt waren Ende 2022 gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Davon waren 35,3 Millionen Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention, also Menschen, die eine internationale Grenze überquert haben. Sie suchen überwiegend Schutz in angrenzenden Nachbarländern. Ein noch größerer Teil – 62,5 Millionen Menschen oder 58 Prozent – waren innerhalb ihrer Heimatländer aufgrund von Konflikten und Gewalt auf der Flucht.
Wie viele Flüchtlinge kommen nach Europa?
Von den 35,3 Millionen Flüchtlingen weltweit kommen die wenigsten nach Europa und nach Deutschland. Allerdings sind die Zahlen 2023 ansteigend. So stellten im ersten Halbjahr 2023 in der EU 519.000 Menschen einen Antrag auf Asyl, ein Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Darüber hinaus genießen aktuell rund vier Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die wegen einer Sonderregel kein Asyl beantragen müssen, vorübergehenden Schutz, die meisten von ihnen kamen 2022. Im Gesamtjahr 2022 suchten rund 966.000 Menschen Asyl in der EU, der höchste Wert seit 2016.
Zur Einordnung: Nach Angaben der EU-Kommission lag 2022 der Anteil der Flüchtlinge an der Gesamtbevölkerung bei 1,5 Prozent.
Asylsuchende in Deutschland
In Deutschland wurden im ersten Halbjahr 2023 die meisten Asylanträge gestellt: Es waren 30 Prozent aller Anträge innerhalb der EU – und damit fast doppelt so viel wie in den nächstplatzierten Staaten Spanien (17 Prozent) und Frankreich (16 Prozent). Dahinter rangierte Österreich, dann Italien.
Im Vergleich zu Bevölkerungszahl sieht es aber anders aus: Während in der Bundesrepublik im Jahr 2022 auf 10.000 Einwohner 29 Anträge kamen, lag das Verhältnis in acht EU-Staaten teils weit darüber: etwa in Zypern (241) und Österreich (123).
Ende 2022 lebten etwa 3,1 Millionen Schutzsuchende in Deutschland, wobei der Großteil (2,25 Millionen) über einen anerkannten Schutzstatus verfügte. Die Gesamtzahl stieg gegenüber dem Vorjahr um 1,14 Millionen Personen, was den höchsten Zuwachs innerhalb eines Berichtsjahres seit Beginn der Statistik 2007 darstellt. Zurückzuführen ist das vor allem auf den russischen Angriffskrieg, weswegen 2022 rund 1,01 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer Schutz in Deutschland suchten.
Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 insgesamt 304.308 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig, davon 248.145 mit einer Duldung.
Irreguläre Migration
Zwischen Januar und Ende August sind laut Bundespolizei mehr als 70.000 Menschen unerlaubt nach Deutschland eingereist. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es knapp 45.000.
Unerlaubt oder auch irregulär heißt, dass Menschen ohne Aufenthaltsrecht oder Duldung und ohne Kenntnis der Ausländerbehörden nach Deutschland kommen. Sowohl die unerlaubte Einreise als auch ein unerlaubter Aufenthalt sind grundsätzlich strafbar. Bei Asylsuchenden wird das Verfahren jedoch ausgesetzt, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist. Bei einer positiven Entscheidung wird es eingestellt.
Verstärkt kam es zuletzt zu unerlaubten Einreisen über Tschechien und Polen. Über Osteuropa verläuft vor allem die Westbalkan-Fluchtroute. Dort wurden im Jahr 2022 den EU-Grenzschützern von Frontex 145.600 irreguläre Grenzübertritte gemeldet, 136 Prozent mehr als 2021.
Risiko Flucht
Menschen, die auf irregulärem Weg nach Europa zu gelangen versuchen, gehen ein hohes Risiko ein. Zudem zahlen sie hohe Geldbeträge an Schleuser. Das erste Quartal 2023 war das tödlichste seit 2017, und bis zum 2. Oktober wurden allein in diesem Jahr im zentralen Mittelmeer 2.517 Menschen als tot oder vermisst gemeldet.
Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht aus aller Welt von Tragödien und dramatischen Zwischenfällen berichtet wird, sei es auf See oder auf Landwegen. Sie sind zu einer erschreckenden Normalität geworden. Diese Tragödien sind vermeidbar und die notwendige Reaktion kann nicht länger aufgeschoben werden. Die Rettung von Menschenleben ist keine Option. Sie ist eine rechtliche Verpflichtung. Sie ist ein moralischer Imperativ.
Fluchtursachen bekämpfen?
Wenn das so leicht wäre! Die Vorstellung, man müsse nur die Fluchtursachen konsequenter bekämpfen, dann würden weniger Menschen fliehen, ist naiv. Fluchtbewegungen hängen nun mal vor allem von Faktoren ab, die wir wenig oder gar nicht beeinflussen können. Menschen fliehen aus ihrer Heimat vor Krieg, Naturkatastrophen, Verfolgung und Vertreibung. Aber eben auch vor Armut und Hunger. Wir vergessen gerne, dass auch aus Europa im 19. Jahrhundert Menschen aufgrund von Hungersnöten auswanderten. Das enorme Wohlstandsgefälle zwischen armen und reichen Ländern – in großen Teilen Ergebnis von 500 Jahren Kolonialismus, Imperialismus und Kapitalismus – ist eine der Hauptursachen für die weltweite Migration. Ehrlicherweise müssten wir uns eingestehen, dass die Wirtschaftsweise der Industrieländer mit hohem Ressourcenverbrauch zu dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht in der Welt maßgeblich beiträgt. Gleiches gilt für die Verschärfung der Klimakatastrophe, an der wir erheblichen Anteil haben und die dazu beitragen wird, noch viel mehr Menschen aus den besonders betroffenen Ländern in die Flucht zu treiben.
Das Märchen vom Magnet Sozialstaat
Besonders beliebt ist in der Politik, aber auch an den deutschen Stammtischen, die These, dass die Zahlungen für Asylbewerber als Migrationsmagnet wirken. Ein Anreiz, den man abschalten müsse. Wissenschaftlich ist diese These nicht belegt. Asylbewerber bekommen in Deutschland in der Regel 410 Euro (für Alleinstehende); wenn sie in Erstaufnahmeeinrichtungen leben, noch weniger. Nach 18 Monaten haben Flüchtlinge Anspruch auf Bürgergeld, das wären dann 502 Euro. Glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass, wenn man diese Leistungen reduziert, weniger Flüchtlinge kommen? Abgesehen davon, dass eine Absenkung der Leistungen verfassungswidrig wäre. Noch abstruser ist die Behauptung, Flüchtlinge würden in großem Umfang Geld in ihre Heimatländer überweisen. Von 410 Euro? Echt jetzt? Um das zu verhindern, will die Bundesregierung Bargeldzahlungen durch Gutscheine oder ein Bezahlkarte ersetzen. Mehr Bürokratie mit null Effekt.
Asylrecht muss geschützt werden
Manche Beiträge in der aktuellen Diskussion zielen auf eine Einschränkung oder gar Abschaffung des Asylrechts. In Deutschland ist das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, heißt es in Artikel 16a. Es ist das einzige Grundrecht, das nur Ausländerinnen und Ausländern zusteht. Tatsächlich aber erhalten die meisten Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder einen eingeschränkten (subsidiären) Schutz. Das gilt für Menschen, denen in der Heimat etwa Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt drohen.
Kommunen sind überfordert
Es stimmt: Die Situation in vielen Kommunen ist schwierig. Dort, also ganz praktisch vor Ort, müssen die Herausforderungen bewältigt werden, die sich aus Zuwanderung, aber auch durch Fachkräftemangel, Wohnungsnot, Bildungs- und Pflegenotstand ergeben. Inflation, Klima- und Energiekrise verschärfen die Problematik. Aber: Je mehr Abschottung und Angst den Geist der Gesetze prägen, desto weniger „integrationsfähig“ ist die Aufnahmegesellschaft.
Fazit: „Das Spiel mit der Angst behindert eine sachliche Diskussion“,
das sagt Andrea Schlenker vom Deutschen Caritasverband. „Wäre das Spiel mit der Angst nicht so laut, könnten wir über die Herausforderungen sachlich reden, nachhaltige Lösungen suchen, welche die Schwächsten schützen und Verantwortung nicht an nationalen Grenzen enden lassen“, sagt sie. „Wir würden auch feststellen, dass wir von Vielfalt und Zuwanderung profitieren, ja, darauf angewiesen sind. Wenn wir gemeinsam – Eingewanderte wie Menschen, die schon länger in Deutschland leben – Verantwortung für unser Gemeinwesen übernehmen und ins Gespräch kommen, wird deutlich, wie sehr wir einander brauchen“.
Letzte Generation: Lasst uns Klartext reden!
Veröffentlicht: 1. November 2023 Abgelegt unter: Allgemein, Gesellschaft, Katastrophen, Klimawandel | Tags: Klimawandel, Letzte Generation 4 KommentareHallo Samuel, Tim und Lotta, Melanie, Leo, Hennig und die vielen, vielen anderen Engagierten der „Letzten Generation“: Ihr wollt Klartext reden. So steht es auf Eurer Website.
Ich bin auf Eurer Seite
Eines vorweg, damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin auf Eurer Seite, was Eure Sorgen um den Zustand der Welt anbetrifft und die dramatische Entwicklung, die uns droht, wenn wir dem fossilen Wahnsinn, wie Ihr ihn nennt, nicht schnellstmöglich ein Ende setzen. Auf meinem Blog werdet Ihr genügend Beispiele dafür finden, wie sehr mich dieses Thema umtreibt. Ich habe letztes Jahr am 12. November für Euch Partei ergriffen, als man Euch mit der RAF verglich und wie Terroristen behandelte („Klimaproteste der Last Generation: Wer ist hier eigentlich kriminell?“ )
Das heißt allerdings nicht, dass ich nicht auch skeptisch bin. Ich werde nicht am Straßenrand stehen und Beifall klatschen, wenn Ihr eine Eurer Blockadeaktionen macht. Und ich muss sehr aufpassen, dass ich Euch nicht mit Häme und Spott überziehe und mich einfach nur über Euch lustig mache. Das habt Ihr nicht verdient.
Ihr seid (noch) nicht die letzte Generation
Ich schreibe Euch als jemand, der zur vorletzten, genaugenommen sogar zur vorvorletzten Generation gehört (ich bin 75 Jahre alt, meine Kinder sind Mitte vierzig, meine Enkel 21 und 15). Die meisten Aktivisten von Euch sind vermutlich so in den Zwanzigern – „Twens“ hieß das in meiner Jugendzeit. Es ist allerdings überhaupt noch nicht ausgemacht, ob Ihr wirklich die letzte Generation seid. Auch wenn sich die Lebensgrundlagen für die Mehrheit der Menschen auf diesem Globus dramatisch und rasant verschlechtern: Dass menschliche Überleben auf der Erde wird, so sieht es jedenfalls aus, eher langsam zu Ende gehen. Dass wir uns auf einen Abgrund zubewegen, diese düstere Prognose teile ich mit Euch. Friedrich Dürrenmatt hat in seiner Kurzgeschichte „Der Tunnel“ schon vor 70 Jahren so eine Katastrophenszenario beschrieben. Ich werde das Ende nicht mehr erleben, und Ihr vermutlich auch nicht.
Es ist noch nicht zu spät
Es ist fünf vor zwölf, aber noch nicht zu spät. Davon seid Ihr ja auch überzeugt. Und es ist unbestritten, dass das Zeitfenster, das uns bleibt, um die Katastrophe abzuwenden, nicht mehr groß ist. Die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wissen, was getan werden müsste. Die Erkenntnisse über den Klimawandel liegen auf dem Tisch, der IPCC hat in seinem jüngsten Bericht aufgezeigt, wo wir aktuell stehen.
Soziale Ungleichheit auch in der Apokalypse
Was wirklich schlimm ist: Die ersten Leidtragenden werden die Armen sein, die nicht die Mittel und Möglichkeiten haben, sich gegen die Klimaveränderungen zu schützen. Klimaanpassung und die Entwicklung von Resilienz muss man sich leisten können. Die Reichen und Mächtigen werden sich in ihre klimatisierten Trutzburgen zurückziehen und bis zum endgültigen Kollaps des Globus die Champagnerkorken knallen lassen. Ihre Bodyguards werden jeden mit Waffengewalt daran hindern, einzudringen. Weitere apokalyptische Szenarien überlasse ich Eurer und meiner Phantasie.
Liebe Klimaaktivisten, ab jetzt müsst Ihr tapfer sein. Ihr wolltet ja Klartext reden.
Ich habe mich ein bisschen auf Eurer Website umgesehen und mir Euren Vortrag angehört. 46 Minuten, puuh. Vieles davon ist redundant, Ihr argumentiert mit ständigen Wiederholungen, die Ihr Euch sparen könntet („Wir sind der Überlebenswille der Gesellschaft“, „Schon bald wird es zu spät sein und die Gesellschaft verschließt die Augen“, „keine Zeit mehr um kleine Maßnahmen zu machen“. Und dann, wenn es um konkrete Forderungen geht (auf die man in Euren Vorträgen lange warten muss) wollt Ihr Tempolimit 100 auf Autobahnen und ein bundesweites 9-Euro-Ticket. Echt jetzt? Mehr fällt Euch an konkreten Forderungen nicht ein?
Eure Erfolge messt Ihr an der medialen Aufmerksamkeit, an den Blockaden, an der Zahl der Festnahmen (Wir suchen Menschen, die bereit sind, sich festnehmen zu lassen …). Was ist denn für das Klima erreicht, wenn viele von Euch festgenommen werden?
Ich weiß nicht, welche Adressaten Ihr bei Euren Beiträgen auf der Website vor Eurem geistigen Auge habt. Mich offenbar nicht. Es gibt ein paar Sachen, die in Eurer Selbstdarstellung extrem nerven. Dazu gehört diese moralische und oberlehrerhafte Attitüde „Was tut ihr?“ Ihr glaubt offenbar, dass alleine Ihr etwas tut. Am Anfang erklärt Ihr uns die Klimakatastrophe und legt uns nahe, uns damit emotional zu verbinden. „Was Ihr verstehen müsst, wir reden hier über….“ Wieso geht Ihr davon aus, dass Ihr uns (mir) das Ausmaß der Katastrophe erklären müsst?
Zu den Dingen, die nerven, gehören Eure Eitelkeit, Euer Hang zur Selbstglorifizierung und zum Märtyrertum (Ihr vergleicht Euch mit der Bürgerrechtsbewegung in den USA!), und Eure Humorlosigkeit. Ok, das Thema ist verdammt ernst. Über den Klimawandel selbst kann man kaum Witze machen. Über Euch aber schon. Ich vermisse eine gewisse Fröhlichkeit, Witz, Frechheit, lustige Provokation usw. in Euren Aktionen.
Also: Macht Euch einfach mal locker!