Neues Heizungsgesetz beschlossen. Aber wann kommt das Klimaanlagengesetz?

Nun ist es also beschlossen. Das Heizungsgesetz. Genauer: Das Gebäude-Energiegesetz (GEG). Horrorszenarien wurden im Vorfeld an die Wand gemalt. „Es ist ein Angriff auf das Eigentum der Menschen“, so tönte zum Beispiel der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler. Ähnlichen Bullshit verbreiteten mit viel Schaum vor dem Mund neben der FDP die Bildzeitung, der Haus- und Grundbesitzerverband, die AfD, die Querdenker und, wen wunderts, Hubert Aiwanger. Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU, der sich offenbar jeden Morgen die Haare in der Friteuse wäscht, meinte, das Gesetz gehe „völlig an der Realität der Menschen vorbei.“

Und, haltet Euch fest, Leute: Der Mann hat recht. Unfreiwillig. Denn statt Heizungen, die mit Erneuerbaren Energien betrieben werden, sollten sich die Deutschen dringend um den Austausch ihrer Heizung durch eine Klimaanlage bemühen. Es wird nämlich immer wärmer. Jetzt, Ende September, wo die Menschen normalerweise ihre Heizung anschmeißen, haben wir immer noch Temperaturen um die 30 Grad. Der Monat September ist der wärmste seit Beginn der Messungen. Gerade haben Klimafachleute beim 13. Extremwetterkongress in Hamburg ein düsteres Bild für die Zukunft gezeichnet. „Die Chance sei verpasst, mit relativ wenig Aufwand das Klimasystem zu stabilisieren, hieß es am Mittwoch zum Auftakt der dreitägigen Tagung in einer Mitteilung. Der Klimawandel werde nun in großen Teilen ungebremst erfolgen. Nicht mehr abwendbare massive Veränderungen seien auf der Erde zu erwarten.“ (Badische Zeitung vom 28.09.2023). 2045 also, wenn es keine Heizungen mehr geben soll, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, könnte es sein, dass wir gar keine Heizungen mehr brauchen. Eher Kühlgeräte.


Leberkäspflicht statt Asylrecht: So begrenzen wir die Zuwanderung

Derzeit kursieren viele originelle Vorschläge, wie wir die unkontrollierte Zuwanderung in unsere Sozialsysteme begrenzen könnten. Die europäische Agentur Frontex zum Beispiel, die für ihren sensiblen Umgang mit Flüchtlingen bekannt ist (illegale pushbacks, hihi), soll die Flüchtlinge schon auf dem Meer abfangen und am Betreten des europäischen Festlands hindern. Wenn´s denn sein muss, mit Schusswaffengebrauch, gell, Frau Beatrix von Strolch?

Was aber, wenn sie schon mal da sind, die Flüchtlinge? Dann muss man sie, Menschenrechte hin oder her, so behandeln, dass ihnen die Lust vergeht, hierzubleiben. Die bayerische FDP und der Söder Markus von der CSU haben nun fast zeitgleich (Wahlkampf in Bayern!) vorgeschlagen, die Flüchtlinge mit einer Chipkarte statt mit Bargeld auszustatten. Damit sollen sie Lebensmittel wie Leberkäs, Maggi Würzpaste und Weißwürste einkaufen können, aber keinen Alkohol. Denn mit den bar ausgezahlten Asylbewerberleistungen, so hört man aus stets gut unterrichteten Kreisen, kaufen sich die Flüchtlinge dicke Autos und Drogen, essen jeden Tag Kaviar und überweisen den Rest an ihre Großfamilie in Quagadougou. Was mit der Chipkarte endlich mal unterbunden würde.

Das ist aber sicher noch zu toppen, liebe bayerische CSU/FDP/AfDler, gell? Was haltet ihr von dem Vorschlag, um ganz Bayern einen Zaun zu ziehen, vollgehängt mit Leberkäs-Semmeln und Weißwürsten, sozusagen als Abschreckung? Alle, die ihren Ekel überwinden und trotzdem über den Zaun klettern, könnte man zwangsverpflichten, drei Tage das Oktoberfest zu besuchen, im Fernsehen Musikantenstadl und alle Eberhofer-Krimis anzuschauen und mindestens einmal mit Hubert Aiwanger und Markus Söder zum Weißwurstwettessen anzutreten.

Wenn sich das unter den Flüchtlingen rumspricht, wollen garantiert alle lieber nach Polen mit seiner Piss-Partei. Und wir hätten endlich unsere Ruhe.


Mehr Bahn für alle? Die neue Imagekampagne der Bahn verspricht Verbesserungen

Die Deutsche Bahn hat ein schlechtes Image. Verspätungen, Zugausfälle, Baustellen, komplizierte Tarife, usw. Jetzt soll alles besser werden. Mehr Zuverlässigkeit und mehr Pünktlichkeit. Das verspricht dieser TV-Spot:

Würde Heinrich Böll noch leben, hätte man ihn vielleicht für eine neue Imagekampagne der Bahn gewinnen können. Nach dem Ende einer Dienstfahrt gefragt, wie es war, hätte er sagen können, der Zug war pünktlich. Und das waren keineswegs die Ansichten eines Clowns. Nur auf dem Bahnhof von Zimpren gab es am Servicepoint eine Art fürsorgliche Belagerung, wegen der Entfernung von der Truppe des zuständigen Mitarbeiters. Seine Vertreterin am Tresen war eine junge Kollegin, aber der Engel schwieg und sagte kein einziges Wort. Für den Abend hätte sich Böll zum Billiard um halb zehn verabredet. Seine Frau würde sagen: Du fährst zu oft nach Heidelberg, und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Worauf Böll geantwortet hätte: Die verlorene Ehre der Katharina Blum muss unbedingt wieder hergestellt werden! Und dazu muss ich pünktlich sein.

Preisfrage: Wie viele Titel von Böll-Schriften sind in diesem Text enthalten? Für die richtige Antwort verlosen wir einen 5-Euro-Gutschein für den DB-Speisewagen, falls dieser nicht zufällig geschlossen ist!


Kim trifft Putin. Die wollen nicht nur spielen.

Eine einmalige Gelegenheit ist vertan. Zwei autokratische Despoten zur gleichen Zeit am gleichen Ort! Ich bin zwar grundsätzlich ein Gegner von extralegalen Hinrichtungen mit bewaffneten Drohnen, aber in diesem Falle hätte ich ein Auge zugedrückt. Man hätte bloß die Israelis fragen müssen, die kriegen so was hin.

Meine persönlichen Eindrücke von Nordkorea liegen 26 Jahre zurück. Damals, 1997, konnte ich mit einer kleinen Gruppe von NGO-Leuten das Land besuchen. Es herrschte eine große Hungersnot, man sprach von mehreren Millionen Hungertoten. Wir konnten uns nicht frei im Land bewegen. Unsere Delegation wurde von der ersten bis zur letzten Minute von nordkoreanischen Parteifunktionären „betreut“. Bei der Einreise, noch vor dem Checkin im Hotel, mussten wir wie alle Einreisenden vor der riesigen Statue von Kim-Il-sung, dem ersten Herrscher Nordkoreas, Blumen niederlegen und uns verneigen. Die Statue, so wurde uns ehrfürchtig zugeflüstert, würde exakt so viel Gramm wiegen die Fürze, die der große Führer zeit seines Lebens gelassen hatte – nein, es muss ein anderer Vergleich gewesen sein, denn Witze über den großen Führer führten damals wie heute zu Verhaftung und Todesstrafe.

By John Pavelka from Austin, TX, USA

Damals war noch Kim-Jong-il, der Vater des jetzigen Diktators Kim-Jong-un an der Macht. Von Kim-Jong-il erzählte man uns staunenden Besuchern, er, also der Große Führer, wisse im Voraus, wie viele Äpfel ein bestimmter Apfelbaum in diesem Jahr tragen würde. Und auch das wieder, ohne zu lachen. Überhaupt wusste der Mann irgendwie alles, er war mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet und wurde verehrt wie ein Heiliger. Jetzt ist sein Sohn Kim-Jong-un, der Mann mit dem Babygesicht und der grotesken Frisur, an der Macht. Er ließ seinen Onkel und seinen Halbbruder umbringen und hat angeordnet, dass bei den häufig verhängten Todesstrafen im Land die Angehörigen der Opfer bei der Exekution zuschauen müssen. Er liebt Raketen als Spielzeug und zu seinen besten Freunden zählen Donald Trump und Wladimir Putin. 

Man kann eigentlich über die Herrscherclique der Kim-Dynastie, ihren Personenkult, ihre schrillen und schrecklichen Machtallüren keine satirische Glosse schreiben, weil die Realität jede noch so absurde Phantasie übersteigt. Einen guten Einblick dazu vermittelt die ZDF-Dokumentation: Undercover in Nordkorea.

Und es ist ja nun wirklich nicht lustig. Die nordkoreanische Regierung ist zwar international isoliert, verfügt aber über Atomwaffen und Trägersysteme, die bis in die USA reichen. Putin hat sehr viel mehr Macht und internationale Unterstützung und ein großes Arsenal an Atomwaffen. Die Gefahr, die von solchen autokratischen Herrschern ausgeht, ist groß. Sie werden in ihren jeweiligen Gesellschaften verehrt. C.G. Jung meinte dazu: „Die Identifikation mit Amt und Titel hat etwas Verführerisches, weshalb viele Männer nichts anderes sind, als ihre von der Gesellschaft ihnen zugebilligte Würde. Es wäre vergeblich, hinter dieser Schale eine Persönlichkeit zu suchen, man fände bloß ein erbärmliches Menschlein. Darum eben ist das Amt … so verführerisch, stellt es doch eine billige Kompensation für persönliche Unzulänglichkeiten dar.“  (C.G. Jung, Gesammelte Werke VII)

Das ist aber auch nur ein schwacher Trost.


Drastische Kürzung im Bundeshaushalt bei Humanitärer Hilfe und Friedenssicherung: Geht so feministische Außenpolitik?

Die Bundesregierung muss sparen. Das verstehen wir. Diese Woche war die erste Lesung des Bundeshaushalts 2024 im Deutschen Bundestag. 445,7 Milliarden Euro an Ausgaben sind geplant. Das sind 30,6 Milliarden Euro weniger als 2023. Eingespart wird dieses Geld nicht im Verteidigungshaushalt, das hatten wir schon vermutet.

Der Haushalt des Verteidigungsministeriums wächst seit 2017 kontinuierlich, also nicht erst seit dem Ukrainekrieg. Fast zwei Milliarden mehr lässt sich Deutschland 2024 seine Verteidigung kosten, und dazu kommt noch 19,2 Milliarden aus den Sondervermögen. Dafür werden jeweils um ein Drittel die Mittel für humanitäre Hilfe und Friedenssicherung gekürzt. Beide Haushaltstitel sind beim Auswärtigen Amt angesiedelt. Hallo, Frau Baerbock: Wie war das nochmal mit der feministischen Außenpolitik? Und war nicht „Fluchtursachen bekämpfen“ mal die Forderung, um Migration zu begrenzen?

Gekürzt werden auch die Mittel für Bundesfreiwilligendienste, für das Bafög, für die Bundeszentrale für politische Bildung, für Wohngeld, für Jugend- und Familienhilfe, für das Müttergenesungswerk und lauter son Gedöns. Das alles mit Zustimmung der Ampel-Parteien SPD, Grüne, FDP. Mich hat mal wieder keiner gefragt. Ich hätte auch Sparschläge gehabt: Streichung der Subventionen für Flugbenzin, Dienstwagen, die zehn (!) Milliarden für die geplante Chip-Fabrik in Magdeburg, die blödsinnige Förderung von Hausbesitzern, die sich eine PV-Anlage und ein E-Auto kaufen …

Leute, überlegt Euch, wen Ihr nächstes Mal wählt. Bleiben ja nicht mehr viele Parteien übrig, aber bitte nicht die AfD. Oder: Redet mal mit Euren Abgeordneten und sagt ihnen, was Ihr davon haltet!

Und hier noch eine Protestaktion gegen die geplanten Kürzungen, veranstaltet von Friedensgruppen vor dem Deutschen Bundestag:


Daba daja yippie yippie yeah: Friedensnobelpreis für Hornbach-Baumärkte?

Es geht das Gerücht, dass die Firma Hornbach (die mit dem „daba daja yippie yippie yeah“) Anwärterin für den diesjährigen Friedensnobelpreis ist. Hä? Eine Baumarktkette? 2013 ging der Preis an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). Warum dann nicht 2023 für den „HORNBACH-Hammer“, ein nachahmenswerter Vorschlag für die Konversion von Kriegsgerät in eine friedliche Nutzung, wie hier gezeigt wird:

Man stelle sich vor: All das weltweit produzierte Kriegsgerät – Waffen, Raketen, Granaten, Panzer, Kampfflugzeuge, Schiffe, U-Boote – muss ja nach Gebrauch entsorgt werden. Besser wäre freilich, es würde vor dem Gebrauch entsorgt oder gar nicht erst hergestellt. In Deutschland werden fast 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges immer noch Bomben gefunden! Was passiert mit den im Ukrainekrieg abgeschossenen Granaten, mit den zerstörten Panzern, mit den Fahrzeugen, Haubitzen, usw.? So viele Hämmer kann selbst Hornbach nicht produzieren.

Für den diesjährigen Friedensnobelpreis sind insgesamt 305 Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen worden, darunter 212 Einzelpersonen und 93 Organisationen. Anfang Oktober werden wir erfahren, wem der Preis dieses Jahr verliehen wird: Greta Tunberg? Donald Trump? Elon Musk? Falls die Wahl auf Hornbach fällt, wird man es hören:

Daba daja yippie yippie yeah!


Kimmt er oder kimmt er net? Beobachtungen aus dem Gemeinderat

Bald sind in Baden-Württemberg wieder Kommunalwahlen. Ich werbe in meinem Freundes- und Bekanntenkreis sehr dafür, für den Gemeinderat in unserem Dorf zu kandidieren. Die meisten wehren ab: Keine Zeit, das traue ich mir nicht zu, ich kann nicht gut reden, man wird kritisiert oder sogar angefeindet, usw. Dazu sage ich: Ja, es kostet Zeit, ja, man muss mit Kritik rechnen. Es ist, wenn man so will, ein undankbares Amt. Drei Amtsperioden haben bei mir ihre Spuren hinterlassen.

Aber: Gegen Politikverdrossenheit und Resignation hilft am ehesten, wenn man selbst aktiv wird. Und tatsächlich wird auf der lokalen Ebene Demokratie ganz konkret und handfest erlebbar. Richtig große Politik wird bei uns im Dorf (1.500 EinwohnerInnen) nicht gemacht. Es geht eher um so Sachen wie klappernde Gullideckel, ob die Gaube im Neubau etwas größer als erlaubt sein darf und ob der Schützenverein einen Zuschuss aus dem Gemeindesäckel für die neue Schießanlage kriegen soll. Die Kita kostet uns den halben Jahresetat, der Rest geht drauf für den Unterhalt der Infrastruktur (Straßen, Wege, Beleuchtung, Friedhof, Wasser, usw.). Für Klima-, Natur- und Umweltschutz müssten wir eigentlich viel mehr tun, haben dafür aber kein Geld. Trotzdem wird hier und da ein Bäumchen gepflanzt, eine Photovoltaikanlage auf dem Vereinshaus installiert, eine verkehrsberuhigte Zone eingerichtet.

Ich meine das nicht abwertend. Die Entscheidung, wie und wo die Flüchtlinge im Dorf untergebracht werden, ob die Windkraft auf unserer Gemarkung ausgebaut werden soll, ob im neuen Baugebiet ein Wärmenetz statt individueller Heizungslösungen geplant wird – das alles sind keine Kleinigkeiten. Auch wenn die Gegenstände, um die wir streiten, oft eher belanglos und kleinkariert sind: Wir lernen, mit sachlich fundierten Argumenten um gute Lösungen zu streiten und widerstreitende Interessen zu einem hoffentlich guten Kompromiss zusammenzuführen. Was richtig oder falsch ist, dazu gibt es nicht immer eine eindeutige Antwort. Manchmal stellt sich erst einige Jahre später heraus, ob wir richtig entschieden haben.

Wir bemühen uns, mit Geduld und Verstand die Dinge zu prüfen und zu beurteilen, die uns zur Entscheidung vorgelegt werden.  Neben Geduld und Sachverstand gehört auch Mut zu den notwendigen Eigenschaften von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten. Mut deshalb, weil man gelegentlich auch unpopuläre Entscheidungen treffen muss, für die man Kritik einstecken muss, oder auch Mut, etwas grundsätzlich zu hinterfragen, was einem als alternativlos verkauft wird.

Der Philosoph Kant hat 1784 das lateinische „Sapere aude“ zum Wahlspruch der Aufklärung gemacht und es so übersetzt: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ – dieser Leitgedanke ist auch eine brauchbare Maxime für die Gemeinderatsarbeit. Und auch aus dem berühmten Vortrag von Max Weber von 1919 lässt sich heute noch etwas lernen: dass nämlich, wer Politik macht, seine Eitelkeit überwinden muss, seine hochfliegenden Pläne zur Rettung der Menschheit mit Abstand betrachten und Enttäuschungen wegstecken können muss.

Manche Debatten im Gemeinderat waren, so meine persönliche Erfahrung, nur mit einer Portion Heiterkeit und Gelassenheit zu ertragen (was mir und meinem Temperament nicht immer gelungen ist).

Gerhard Polt hat auf seine unnachahmliche Weise aus dem Gemeinderat geplaudert („Kimmt er oder kimmt er net“). Das trifft natürlich nur auf Gemeinderäte in Bayern zu, oder?