Ein Loch ist im Haushalt, oh Lindner, ein Loch.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt herrscht in Regierungskreisen große Panik: Wie kann das entstandene Haushaltsloch von 60 Mrd. Euro gestopft werden? Schuldenbremse abschrauben und neu zusammenfriemeln (will die FDP nicht, die CDU aber auch nicht)? Bürgergeld / Renten / Kindergrundsicherung / Asylbewerberleistungen – einfach das ganze Gedöns kürzen (will die FDP, aber auch die CDU)? Porsche von Christian Lindner verkaufen (bringt eh nichts)?

Foto Annegret Hilse/dpa

Jetzt hat der Finanzminister auch noch sein bestes Pferd im Stall, den langjährigen Staatssekretär Werner Gatzer (SPD), gefeuert. Der soll an allem Schuld sein. Ne, ne, Herr Lindner. Nicht der Staatssekretär ist das Problem. Auch nicht das Bundesverfassungsgericht, nicht die Schuldenbremse und nicht Corona oder der Ukrainekrieg. Das Problem ist die FDP. Die blockiert nämlich alles, was kurzfristig und nachhaltig zu einer Verbesserung der Haushaltssituation führen könnte. Steuererhöhungen für Besserverdienende etwa. Oder der Abbau umweltschädlicher Subventionen. Diese allein betragen 65,4 Mrd. Euro im Jahr. Beispiele dafür sind die Steuerbefreiung für Flugbenzin (8,3 Mrd.), das sogenannte Dienstwagenprivileg (3,1 Mrd.), die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge (4 Mrd.) oder die Pendlerpauschale. Das Autofahren mit Dieselkraftstoff wird subventioniert (18 Cent pro Liter, bzw. 8,2 Mrd. Euro im Jahr).

Jüngstes Beispiel für unsinnige (wenn auch in diesem Falle nicht unweltschädliche) Subventionen: Ein Förderprogramm von bis zu 10.000 Euro für Hausbesitzer, die sich eine Solaranlage aufs Dach legen, dazu eine Ladestation für ihr E-Auto installieren (für das sie bereits eine fette Kaufprämie vom Staat kassiert haben). Hier werden besserverdienende Haushalte mit Geld zugeschüttet. Man denke nur an das Geschrei (nicht nur, aber besonders laut der FDP, das Elterngeld für Besserverdienende zu kürzen. Skandal!

Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampelregierung vorgenommen: „Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.“

Jetzt wäre Gelegenheit, damit endlich Ernst zu machen.


Sondierungsgespräche: Noch blinkt die Ampel ziemlich gelb

Seit gestern liegt das Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP vor. In einem zwölfseitigen Sondierungspapier kann man nachlesen, was sich die drei beteiligten Parteien für ihre Koalitionsverhandlungen vorgenommen haben. Es ist wohl der unvermeidbaren politischen Prosa geschuldet, dass der Text auch solche hochtrabenden Worthülsen und inhaltsleeren Sprechblasen enthält wie: „Wir fühlen uns gemeinsam dem Fortschritt verpflichtet“, „wie wir unser Land nachhaltig modernisieren können“, „niemand wird ins Bergfreie fallen“ oder „Deutschland stellt sich seiner globalen Verantwortung“.

Aber schauen wir mal auf einige konkrete Aussagen:

  • „Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben“
  • „Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten“
  • „Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die Infrastruktur“
  • „Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen“

Das liest sich ja wie das Wahlprogramm der FDP, oder täuscht der Eindruck? Da muss die grüne Verhandlungsdelegation doch ständig in die Tischplatte gebissen haben? Klar, es gibt in dem Sondierungspapier auch Absichtserklärungen, die eine grüne oder sozialdemokratische Handschrift tragen – etwa zu Klimaschutz, Mindestlohn oder Bürgergeld statt Hartz IV. Insofern darf man gespannt sein, wie das konkret in einem – hoffentlich zustande kommenden – Koalitionsvertrag aussehen wird. Zu befürchten ist allerdings, dass der gemeinsame Nenner am Ende recht klein ausfallen könnte.

Stark unterbelichtet oder ganz abwesend, wie schon im Wahlkampf, sind mal wieder wichtige globalen Themen wie Armutsbekämpfung, internationale Krisenbewältigung und Friedenspolitik und atomare Abrüstung. Die zivilgesellschaftliche Friedensorganisation forumZFD mit Sitz in Köln hat unter der Überschrift „Entschieden für Frieden“ fünf Forderungen an die neue Bundesregierung formuliert, darunter der Beitritt Deutschlands zum Vertrag zur Ächtung von Atomwaffen und der Abzug der in Deutschland stationierten Atomwaffen. Das ganze Papier des forumZFD kann man hier nachlesen.


Nachtrag zu Gruppenbild mit Dame: We are Family

Das wird ja immer schöner …


Gruppenbild mit Dame: Auf der Suche nach einer neuen Regierung

Das lässt sich ja schon mal gut an: Annalena Baerbock und Robert Habeck von den Grünen und Christian Lindner und Volker Wissing von der FDP „auf der Suche nach einer neuen Regierung …loten Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus“ – wie es zu diesem über die sozialen Medien verbreiteten Selfie heißt.

Interessantes Detail: Anscheinend hat sich Robert Habeck dabei zu sehr in den Vordergrund gedrängt, denn die anderen Drei haben ein abgeschnittenes Foto mit nur einem halben Robert veröffentlicht.

Damit der mal nicht zu frech wird und sich jetzt schon als Vizekanzler geriert? Oder wie soll man das verstehen?

Das Foto lässt keine Rückschlüsse auf Inhalte zu. Alle haben einen entspannten Gesichtsausdruck, im Hintergrund eine offene Tür. Hat man im Escape-Room gerade den Schlüssel zum Ausgang gefunden? Haben sich alle schon mal das Du angeboten – man steht sehr eng beieinander? Haben Lindner und Habeck sich auf eine einheitliche Bartlänge geeinigt, gewissermaßen als ersten Schritt zu gemeinsamer Regierungsverantwortung?

Die Suche nach den „Brücken über Trennendes“ dürfte alles andere als einfach werden – da sind große Spannweiten gefragt. Und genaue statische Berechnungen. Denn: „Falsche Berechnungen von Architekten können dabei zum Einsturz des jeweiligen Bauvorhabens führen“ (siehe https://www.helpster.de/statik-beim-brueckenbau-einfach-erklaert_129512)