Sign my rocket. Oder: Wie wir lernen, die Bombe zu lieben

Schon gemerkt? Politiker gefallen sich zunehmend darin, Raketen, Haubitzen, Panzerkanonen zu streicheln. Und wir wollen hier nicht mit dem lächerlichen „Phallus-Symbol“-Hinweis kommen. Vielleicht im Falle von Putin, ok.

Mit glänzenden Augen ehrfurchtsvoll bei Rheinmetall glänzende Geschosse berühren – wie sich das wohl anfühlt? Der Kanzler tut es, die Grünen tun es, die FDP sowieso. Die CDU natürlich auch. Die SPD weiß noch nicht so recht, Saskia Esken und Rolf Mützenich sind dagegen, die Linke ist dagegen, die AfD auch. Der Kanzler neulich in seiner Videobotschaft: „Die wichtigsten Waffensysteme und vor allem auch Munition müssen kontinuierlich vom Band laufen.“ Der Grüne Anton Hofreiter (der fesche Toni mit der 60er-Jahre-Frisur) und die FDP-Tante und Talkshow-Königin MAS (man möchte den Namen eigentlich nicht mehr hören, aber sie quatscht einfach in jedes Mikro, das man ihr hinhält oder das einfach nur rumsteht): Die Beiden jedenfalls fordern in trauter Zweisamkeit den Taurus für die Ukraine.

Die zentrale Frage der Talkshows lautet in diesen Tagen: Butter oder Kanonen? Meinetwegen auch „Rente oder Rüstung“, um nicht den Nazisprech von Goebbels zu benutzen. Damit wir die nötige Aufrüstung finanzieren können, müsse der Sozialstaat Leistungen kürzen. Das meinte Clemens Fuest, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts IFO, kürzlich bei Maybrit Illner. Der Finanzminister freut sich und haut in der gleichen Sendung in die gleiche Kerbe: Die Sozialleistungen müssen für drei Jahre lang eingefroren werden. Böse Zungen behaupten, für Lindner sei der Ukrainekrieg willkommener Anlass, Sozialleistungen in Frage zu stellen. Die sollen mal arbeiten gehen! Leistung muss sich wieder lohnen! Lindner hat seinen ersten Porsche doch auch mit 20 gekauft! Auch Kanzler Scholz verkündet, dass wir, um den Wehr­etat zu finanzieren, an anderer Stelle kürzen müssen.

Also Umverteilung vom Sozialetat in den Rüstungshaushalt? Weil beides – hohe Sozialleistungen und Aufrüstung – nicht gleichzeitig finanzierbar sei? Die TAZ  bestreitet diese Annahme und schreibt am 26.02.24 unter der Überschrift „Angriff auf den Sozialstaat“: „Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass sich Aufrüstung und Sozialstaat nicht gegenseitig ausschließen müssen. Im Kalten Krieg gab die BRD für den Wehretat zu Spitzenzeiten fast 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Trotzdem wurde damals der Sozialstaat rapide ausgebaut. Es ist offensichtlich also möglich, sowohl einen aufgeblähten Militärapparat als auch einen starken Sozialstaat zu finanzieren, ohne dass wir bluten müssen.“

Wir wissen nicht, wer recht hat: Clemens Fuest oder die TAZ. Ob also die für notwendig erachtete militärische Aufrüstung nur durch Kürzungen im sozialen Bereich möglich sein wird. Wenn das so kommen sollte, dann kann allen Empfängern von Sozialleistungen (in besseren Kreisen auch „Harzer“ genannt) nur empfohlen werden, statt ihr Geld für Schnaps und Zigaretten zu verjubeln, Aktien des Rüstungsherstellers Rheinmetall, dem TOP-Performer unter den DAX-Konzernen, zu kaufen.

Was ich persönlich an der Debatte vermisse, sind kreative Ideen, wie die Aufrüstung finanziert werden könnte, ohne die Sozialleistungen zu kürzen. Etwa durch neue Formen des bürgerschaftlichen Engagements! Die Bundesregierung könnte patriotisch gesinnten Bürgerinnen und Bürgern eine Beteiligung an der Aufrüstung ermöglichen, indem man etwa für die Patenschaft an einer persönlich signierten 155-Millimeter-Artilleriegranate die Kosten übernimmt – Stückpreis so um die 8.000 Euro. Das ist sogar für Harzer, wenn sie sich zu einer Gruppe zusammenschließen („Wir unter der Brücke“?), machbar. Wer will, kann auch mehrere Granaten bezahlen. Und wer ganz viel Kohle hat, könnte auch einen kompletten Kampfpanzer oder einen Taurus mit persönlicher Widmung finanzieren!

Boris Pistorius kann auf der Skala der beliebtesten Politiker zwar nicht mehr weiter aufsteigen. Aber Lindner, Scholz, Baerbock, Wagenknecht, Hofreiter und MAS könnten mit diesem Angebot ihre Popularität in ungeahnte Höhen treiben! Denkt mal drüber nach, Leute – bald sind wieder Wahlen!

PS: In einem früheren Beitrag auf diesen Blog hatten wir darauf hingewiesen, dass die Amerikaner uns kreativitätsmäßig mal wieder voraus sind: Über die Internetseite „Sign my rocket
kann gegen eine Spende eine Artilleriegranate mit einer persönlichen Botschaft an die russischen Invasoren versehen werden: „Send your message to the russian invaders …You have a chance to send a greeting to orcs with your text written on an artillery shell. You will receive a photo a signed shell with your ordered text.“

Geht doch!



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